„Die Nacht gehört dem Drachen“ – schon der Titel des 2013 im Carlsen Verlag erschienenen Jugendromans von Alexia Chung lädt zum Träumen ein. In sanftem Ton wird die Geschichte von Evie erzählt, die nach einer schwierigen Vergangenheit nun in Paul und Amy liebevolle Adoptiveltern gefunden zu haben scheint. Es gelingt Evie sogar, den beiden nach drei Jahren von ihrer gebrochenen Rippe zu erzählen. Sofort wird sie einer Operation unterzogen, von der ihr ein Stück Knochen als Andenken erhalten bleibt. Gemeinsam mit ihrem „Onkel“ Ben, Amys Bruder, schnitzt Evie daraus einen Drachen. Die kleine Figur ist wie der Beschützer, den sie sich immer gewünscht hat. Evie ist stolz auf ihren Drachen und wünscht sich, dass er ihr bei ihrer nicht ausschließlich körperlichen Genesung hilft. Tatsächlich scheint die Figur des nachts auf zauberhafte Art lebendig zu werden.

Die Geschichte um Evie nimmt den Leser mit ihrem ruhigen, philosophischen Ton gänzlich ein. Alexia Chung hat ein nachdenkliches, keinesfalls oberflächliches Buch geschrieben, dessen schwierige Thematik auf ungewöhnliche Art präsentiert wird. Evie hat in ihrer Kindheit unter Vernachlässigung und Missbrauch leiden müssen, doch werden die schrecklichen Erlebnisse stets nur angedeutet. Zusammen mit dem Drachen unternimmt sie fast schon reinigende Reisen, um sich von dem Trauma der Vergangenheit endlich zu lösen. Ganz langsam beginnt so auch Evies seelischer Heilungsprozess und die dunklen Kapitel ihres Lebens werden nach und nach aufgedeckt.

Insgesamt entsteht dadurch eine glaubwürdige Erzählung mit einer verletzten, sensiblen, aber auch klugen, starken Protagonistin. Auch die Nebencharaktere und -handlungsstränge überzeugen. 
„Die Nacht gehört dem Drachen“ ist ein sensibles Jugendbuch, das inhaltlich und erzählerisch hervorragend von Sascha Icks vertont wurde.

*Erschienen bei: DAV*