Neonyt Sommer 2023
Eindrücke von der Community-Plattform für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation
Bereits zum zweiten Mal fand die „Neonyt“ im Rahmen der Düsseldorf Fashion Days vom 22. bis 24. Juli statt. Neben rund 80 Aussteller:innen und interessanten Talks, u.a. einer Live-Podcast-Aufnahme, wurde auch der Green Product Award Fashion verliehen – sicherlich ein Highlight der gesamten Veranstaltung! Alina hat sich für „Klima und Klamotten“ wieder auf den Weg nach Düsseldorf gemacht und teilt nun ihre Eindrücke eines spannenden Tages mit euch!
Ziemlich genau 6 Monate später betrat ich wieder die Veranstaltungshalle in Düsseldorf. Auch im Januar 2023 war ich hier, als die „Neonyt“ ihr Debüt in Düsseldorf feierte und teilte meine Eindrücke ebenfalls in einem Artikel mit euch. Die Frage, die mich vor meinem Besuch am meisten beschäftigte, war, ob ich nun wirklich etwas Neues zu sehen bekommen würde, weil: Wie schnell können denn bitte neue nachhaltige Ideen und Innovationen in die Tat umgesetzt und ausgestellt werden? Würde der Tag vielleicht einfach nur eine reine Wiederholung meines Besuchs im Winter sein?
Diese Frage konnte ich für mich jedoch ziemlich schnell mit nein beantworten: Zwar waren einige Aussteller:innen erneut anwesend und viele Gesichter kamen mir bekannt vor. Ein Deja-Vu war der Besuch jedoch definitiv nicht! Ein paar meiner Highlights der Sommer-Neonyt 2023 teile ich nun mit einigen Fotos mit euch:
Besonders spannende und innovative Ideen in Bezug auf nachhaltige Materialien, Designs und Funktionen wurden auf der Fläche des Green Future Clubs ausgestellt. Hier konnten etliche Kreationen bewundert werden, welche teilweise später sogar beim Green Product Award ausgezeichnet wurden. Mein Favorit dabei: Die luxuriöse Designerhandtasche „AMY“ des Labels Luckynelly Berlin.
Sie besteht aus Berriestex, einem veganen und plastikfreien Material, welches aus überreifen Erdbeeren gewonnen wird. Das ist sicherlich besonders toll, da bekanntermaßen ja auch in der Lebensmittelindustrie Überproduktionen stattfinden bzw. große Mengen der Ernten jedes Jahr nicht verkauft und schließlich weggeschmissen werden. Vielleicht tragen wir in ein paar Jahren also alle Taschen und Kleidung aus Erdbeeren, das wäre doch mal etwas!
Nicht weniger interessant sind jedoch auch Schuhe aus Kaktus und Mais.
Diese wurden von Vegtus 2020 S.L., einem Unternehmen aus Spanien, ausgestellt. Eigentlich macht es nur Sinn, Kakteen als Material für Schuhe auszuwählen: Ein Kaktus hat relativ niedrige Ansprüche, um zu wachsen und auch der Wasserverbrauch ist im Gegensatz zu anderen Pflanzen deutlich niedriger. Durch eine anschließende nachhaltige Verarbeitung zu einem glatten und langlebigen Material wird es nun also möglich, Schuhe aus Kakteen herzustellen.
Aber nicht nur die Materialien können innovativ sein. Auch neue Designs können zu einer nachhaltigeren und langlebigeren Fashion-Branche beitragen. So zum Beispiel das Schuhdesign von SOLUS.
Bei diesem Schuh können alle Teile des Schuhs einzeln geändert werden: Wenn also nur ein bestimmtes Teil des Schuhs kaputt oder abgenutzt ist, muss nicht direkt der komplette Schuh ersetzt werden, sondern man könnte das Einzelteil einfach nachkaufen. Das schont nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern reduziert auch Müll und übermäßige Produktion. Zudem kann der Schuh auch so umfunktioniert werden, dass er für verschiedenste Anlässe genutzt werden kann. Je nach Gelände wäre es somit denkbar, beispielsweise eine Sohle auszutauschen und in Sekundenschnelle einen Sneaker in einen Trekkingschuh zu verwandeln.
Ebenfalls fasziniert hat mich die Technologie der Jacken der Tsinghua University China.
Hier wurden temperaturempfindliche Druckfarben entwickelt, sogenannte Thermotinten, die es möglich machen, dass Kleidung auf die Temperatur der Umgebung reagiert und sich entsprechend anpasst. Ziel ist das Erreichen einer automatischen Temperaturkontrolle. Damit würde der „Zwiebellook“ unnötig werden und man bräuchte viel weniger Kleidungsstücke, da ein einziges Kleidungsstück für jede Jahreszeit geeignet ist.
Während es bis zum alltäglichen Gebrauch dieser Innovation noch etwas dauern dürfte, konnten viele Kleidungsstücke, Schuhe und Accessoires hingegen direkt auf der Messe geordert werden: Wasserfeste Schuhe aus Hanf, Kleidung aus Bio-Baumwolle, außergewöhnliche Designs, Sonnenbrillen und Brillen als nachhaltige und plastikfreie Variante. Auch stellten einige Modeschulen, Hochschulen und Initiativen ihre Kollektionen und Projekte aus.
Aber nicht nur Kleidung, Schuhe und Taschen konnte man auf der Neonyt finden. Recycling kennt kaum Grenzen, sodass es auch im Interior-Bereich Kleinigkeiten zu sehen gab, wie beispielsweise diese kleinen Engelchen-Anhänger aus alten Schallplatten.
Eine Messehalle weiter fand schließlich die Verleihung des Green Product Award Fashion in verschiedenen Kategorien statt; u.a. wurde die Designerhandtasche aus Erdbeeren ausgezeichnet. Die Verleihung war sehr gut besucht; viele Journalist:innen und Content Creator:innen versammelten sich gespannt vor der Bühne.
Ein paar Meter weiter stellten verschiedene Studiengänge aus dem Mode-Sektor ihre Projekte aus, die sich mit dem Thema toxische Maskulinität in verschiedenen Kulturen sowie positive Maskulinität auseinandersetzten.
Über den Tellerrand hinausblicken
Auf den ersten Blick fragt man sich sicherlich, was diese gesellschaftlichen Themen denn nun mit Mode und Nachhaltigkeit zu tun haben. Denkt man jedoch einen Moment länger darüber nach, so kommt man schnell darauf, dass Mode auch gleichzeitig immer ein Ausdruck von Individualität und Persönlichkeit ist und auch die Themen genderneutrale Mode, Repräsentation von Gender und Aufteilung von Kleidung in ein binäres Geschlechtersystem sehr aktuelle und zentrale Themen in gesellschaftlichen Diskussionen sind. „Kleider machen Leute“ ist nicht nur einfach ein Sprichwort, sondern zielt auch darauf ab, dass Mode für unterschiedliche Menschen und Anlässe geschaffen wird und wir uns mit der Auswahl von bestimmten Kleidungsstücken immer auf eine gewisse Art präsentieren – entweder so, wie es gesellschaftlich anerkannt und erwartet wird oder aber wir brechen mit den Stereotypen. Und gerade von einer als männlich gelesenen Person wird noch immer ein gewisses „männliches“ Auftreten mit entsprechender Kleidung von der Gesellschaft erwartet. Nicht zuletzt ist schließlich auch Nachhaltigkeit und die Revolution der Modeindustrie ein gesellschaftliches Thema – wieso nicht also auch über den Tellerrand hinausblicken und weitere gesellschaftspolitische Diskussionen direkt miteinbeziehen. Diese Ausstellungen haben mich jedenfalls auch nochmal zum Nachdenken gebracht und waren eine schöne Abwechslung zu den vielen Kleidungsstücken.
Nach einem sehr aufschlussreichen und interessanten Tag auf der Neonyt machte ich mich mit den vielen neuen Eindrücken wieder auf den Weg nach Hause. Und erneut konnte ich auf der Neonyt wieder spüren, wie wichtig Unterstützung, Zusammenarbeit und Community in der Fair Fashion Branche sind. Hier geht es längst nicht mehr um Konkurrenzdenken, sondern darum, gemeinsam für das Gute zu kämpfen. Denn die Markt-Riesen sind leider immer noch die Fast-Fashion-Unternehmen, die so groß sind, dass die kleinen nachhaltigen Brands mit innovativen Ideen es enorm schwer haben, überhaupt Sichtbarkeit auf dem Markt zu erlangen. Dabei lohnt es sich einfach, vor allem kleinere Labels mit einem Kauf oder einer Weiterempfehlung auf Social Media oder im eigenen Bekanntenkreis zu unterstützen.
Fair Fashion ist nämlich schon lange nicht mehr nur „typische Öko-Mode“, sondern alles, was man sich vorstellen kann: Streetwear, High-Fashion, Designer-Kollektionen, Luxus und zeitlose Klassiker. Und das Schöne dabei: Es scheint, als würde es in der Fair Fashion-Branche keine Grenzen geben, ständig gibt es so viele neue Ideen und Umsetzungen; Abwechslung und Überraschungen sind somit garantiert. Ich zumindest bin schon jetzt gespannt, was ich bei der nächsten Neonyt im Januar 2024 entdecken werde!
Eindrücke und Momente in bewegten Bildern habe ich für euch auch in Form eines Reels auf instagram@lizzynet.de festgehalten. Schaut dort doch auch gerne mal vorbei :)
(Unbezahlte & unbeauftragte Werbung, da Marken im Text genannt werden.)
Autorin / Autor: Alina Przygoda - Stand: 2. August 2023