No Risk - no fun
Studie: Warum Info-Kampagen über riskantes Verhalten bei Jugendlichen keine große Wirkung zeigen
Trinken bis der Arzt kommt, ausprobieren, ob die neueste Droge einen wirklich umhaut oder Auto fahren als hätte man noch ein zweites Leben im Rucksack - Jugendliche und junge Erwachsene verhalten sich nachweislich impulsiver und risikoreicher als Erwachsene. Um riskante Entscheidungen von Jugendlichen besser zu verstehen, führte ein Team des Max-Planck-Instituts nun eine Studie durch, die zeigt, dass Jugendliche im Vergleich zu Kindern und Erwachsenen weniger Interesse an Informationen haben, die ihnen helfen würden, die Risiken ihres Verhaltens besser einzuschätzen. Sie sind offenbar weniger motiviert, sich zu informieren und geben sich mit weniger Wissen zufrieden. „Das liegt nicht daran, dass sie kognitiv nicht in der Lage sind, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Sie wollen schlicht neue Erfahrungen machen und probieren sich aus“, kommentiert Erstautor Wouter van den Bos, Wissenschaftler am Forschungsbereich „Adaptive Rationalität“ des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung.
Glücksspiel für die Forschung
Im Rahmen der Studie spielten 105 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 8 und 22 Jahren verschiedene Glückspiele, bei denen sie einen bestimmten Geldbetrag gewinnen konnten. Dabei gab es drei verschiedene Ausgangslagen: Sie hatten entweder vollständige Informationen darüber, wie hoch der Gewinn ist und wie wahrscheinlich es ist, zu gewinnen (Entscheidung unter Risiko), oder sie kannten die Höhe des Gewinns, hatten aber unvollständige Informationen über die Wahrscheinlichkeit seines Eintretens (Entscheidung bei Uneindeutigkeit), oder sie wussten weder, wie hoch der Gewinn war, noch wie wahrscheinlich es ist, ihn zu bekommen. Außerdem konnten sie weitere Informationen einholen (Entscheidung bei Unsicherheit). Daneben wurden die Teilnehmer_innen zu ihrem persönlichen Risikoverhalten befragt.
Bei den Versuchen zeigte sich, dass Jugendliche es eher akzeptieren, wenn sie nicht genau wissen, was sie erwartet, und dass sie auch bei extremer Unsicherheit weniger nach Informationen suchen, obwohl sie ihnen angeboten werden. Diese Toleranz des Ungewissen erreicht seinen Höhepunkt im Alter von 13 bis 15 Jahren.
Die Ergebnisse der Studie erklären, warum Informationskampagnen, die Jugendliche über bestimmte Risiken aufklären sollen – wie beispielsweise Drogenmissbrauch – oft ins Leere laufen. Denn selbst wenn Jugendlichen Informationen leicht zugänglich sind, zeigen sie offenbar nur eine geringe Motivation, sich mit diesen zu beschäftigen. „Diese Erkenntnis müsste in die Konzeption von Interventionen miteinfließen, wenn man Jugendliche wirklich erreichen möchte“, sagt Ko-Autor Ralph Hertwig, Direktor des Forschungsbereichs „Adaptive Rationalität“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Heißt das dann in der Praxis, das alle Informationsmaterialien für Jugendliche eigentlich sinnlos sind, weil die Zielgruppe eben auf das Risiko steht? Hertwig hält es in der Tat für erfolgversprechender, wenn man Jugendlichen die Konsequenzen ihres riskanten Verhaltens in einer virtuellen Umgebung konkret erfahrbar machen würde.
Na dann: weg mit den Flyern, her mit den Videospielen ;-)
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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung