Nützliche Betrügerei

Forscher:innen fanden heraus, dass Verrat jemanden nicht unbedingt weniger vertrauenswürdig macht, wenn wir selbst davon profitieren

Stellt euch folgendes Szenario vor: Ihr habt euch in den Freund eurer Freundin verliebt, der deswegen seine aktuelle Beziehung beendet, um mit euch zusammen zu sein. Solltet ihr ihm vertrauen, oder habt ihr immer Kopf: „Einmal ein Betrüger, immer ein Betrüger“?
Sowohl Intuition als auch frühere Forschungen legen nahe, dass die Frage, ob man jemanden für vertrauenswürdig hält, vom früheren Verhalten dieser Person und ihrem Ruf als Betrüger:in abhängt. Neue Forschungsarbeiten von Psycholog:innen der UCLA und der Oklahoma State University helfen nun aber zu erklären, warum Menschen ganz bestimmten Betrüger:innen oder untreu gewordenen dennoch vertrauen können.

Laut ihrer Studie ist es so: profitieren wir vom Betrug einer Person, vertrauen wir ihr trotzdem noch, obwohl wir generell Menschen, die andere betrogen haben, für weniger vertrauenswürdig halten. „Sicher, wenn jemand andere Menschen betrügt, kann das ein wertvoller Hinweis darauf sein, dass er mich betrügen könnte - aber nicht immer. Denken Sie zum Beispiel an den Freund, der Ihnen immer die Geheimnisse anderer Freunde verrät, Ihre aber für sich behält. Dieser Freund betrügt andere Menschen, aber er bereichert Sie mit Informationen“, erklärt Studienkoautorin und UCLA-Professorin für Psychologie Jaimie Krems.

Verrat und Vertrauen im Experiment

Für ihre Studie entwarf das Forschungsteam verschiedene Experimente. In einer Versuchsreihe wurden die Teilnehmer:innen nach dem Zufallsprinzip angewiesen, eine von drei Geschichten zu lesen, die Beziehungen zwischen fiktiven Personen beschrieben. Im ersten Experiment ging es um den Austausch von Geheimnissen unter Freund:innen, im zweiten um romantische Untreue. Das dritte Experiment beschrieb eine Interaktion im Kontext internationaler Beziehungen, wobei fiktive CIA-Agenten versuchten, einen französischen Beamten als Quelle zu gewinnen.

Die fiktiven Personen zeigten eine von drei Verhaltensweisen: Sie verrieten niemanden, wenn sie die Gelegenheit dazu hatten; sie verrieten eine andere Person an die Testperson oder sie verrieten die Testperson an jemand anderen. Einige der fiktiven Personen behielten beispielsweise ein Geheimnis für sich, andere teilten ein Geheimnis über eine andere Person mit der Testperson, und wieder andere teilten das Geheimnis der Testperson mit einer dritten Person. Nach dem Lesen der Geschichten bewerteten die Teilnehmenden die Vertrauenswürdigkeit der fiktiven Charaktere auf einer 7-Punkte-Skala mit Fragen wie „Ich würde der Person vertrauen, dass sie meine Geheimnisse wahrt“.

Wie zu erwarten, schätzten die Teilnehmenden die fiktiven Figuren über alle Arten von Beziehungen hinweg als vertrauenswürdiger ein, wenn sie niemanden betrogen, und als weniger vertrauenswürdig, wenn sie es taten. Allerdings wurden nicht alle Personen, die betrogen hatten, gleichermaßen als unzuverlässig eingestuft. Wenn der Verrat für die Testpersonen von Vorteil war, fanden sie sie die fiktive Figur immer noch vertrauenswürdig. Dieses Muster war in Freundschaften, Liebesbeziehungen und beruflichen Beziehungen weitgehend einheitlich.

Die Ergebnisse bestätigen also die Hypothese der Forscher:innen und zeigen, dass Menschen zwar hochgesteckte Ideale haben, wenn es darum geht, anderen zu vertrauen, dass sie aber in der Praxis oft eher aus Eigeninteresse handeln.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 15. Januar 2025