Popmusik-Melodien werden simpler

Forscher:innen analysierten die markantesten Melodien von Liedern, die zwischen 1950 und 2022 die ersten fünf Plätze der US Billboard Charts erreichten

Werden die Popsongs, die wir hören, immer primitiver? Zumindest auf Melodien könnte das zutreffen. Die Forscher:innen Madeline Hamilton und Marcus Pearce haben die Melodien (in der Regel die Gesangsmelodie) von Liedern untersucht, die zwischen 1950 und 2022 jedes Jahr die ersten fünf Plätze der US Billboard Charts erreichten. Dabei stellten sie fest, dass Melodien seit 1950 immer weniger komplex wurden. Die durchschnittliche Anzahl der Noten, die pro Sekunde gespielt wurden, stieg hingegen an.

Einbrüche um 1975 und 2000

Die Forschenden fanden außerdem zwei Zeitpunkte, ab denen Songs offenbar deutlich einfacher gestrickt wurden: 1975 und 2000. Sie vermuten, dass der Aufstieg von Genres wie New Wave, Disco und Stadionrock in den Siebzigerjahren und der Einfluss von Hip-Hop für den Komplexitätsabfall im Jahr 2000 verantwortlich sein könnte. Auch die Möglichkeit, über digitale Tools Audio-Loops wiederholt abzuspielen, könnte dazu geführt haben, dass die Songs immer simpler wurden.

Auch wenn Melodien seit 1950 immer weniger komplex wurden, gilt das für andere musikalische Komponenten nicht. Die durchschnittliche Anzahl der gespielten Noten pro Sekunde ist gestiegen, Klänge werden komplexer kombiniert, und die Besonderheit eines Stückes drückt sich stärker durch die Qualität und Raffinesse des Klangs aus.

Zu wenig Hirnkapazität?

Möglicherweise folgt die unterkomplexe Melodiegestaltung aber auch anderen medialen Trends, wo Inhalte immer innerhalb einer bestimmter Zeichenanzahl oder in vorgegebenen Schlagzeilenlängen ausgedrückt werden müssen. Manch einer vermutet sogar, dass Menschen aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklung in allen Bereichen einfach keine Hirnkapazität mehr haben, um komplexe Melodien zu komponieren oder zu genießen. Das aber sind nur Hypothesen, die erst noch wissenschaftlich untersucht werden müssen.

Die Forschenden betonen zudem, dass ihre Diagnose der abnehmenden Komplexität kein Werturteil ist. Die Musik muss deswegen nicht schlechter sein und die Hörer:innen haben deswegen auch keinen primitiveren Geschmack; das wäre eine subjektive Deutung, die wissenschaftlich nicht belegbar ist ;-).

Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 10. Juli 2024