Schattenwege

Autor: Arnaldur Indriðason
Übersetzt von Coletta Bürling

Buchcover

Mit Schattenwege hat der für seine Islandkrimis bekannte Autor Arnaldur Indriδason ein weiteres Buch geschrieben, in dem der Dreh- und Angelpunkt ein längst vergangenes Verbrechen darstellt. Die Handlung spielt abwechslungsweise in der Gegenwart und zur Zeit des zweiten Weltkrieges. Es wird aus verschiedenen Perspektiven berichtet.

Zum einen ist da der pensionierte Polizist Konráδ, der über seine ehemalige Kollegin von einem Todesfall erfährt. Ein Toter wurde in seiner Wohnung gefunden und zunächst deutet alles auf einen gewöhnlichen Tod durch Altersschwäche hin – wären da nicht die Zeitungsartikel, die sich mit einem längst vergangen Mord während des Krieges beschäftigen, als Engländer und später Amerikaner auf Island stationiert waren. Konráδ geht diesem Fall nach, über den es kaum Unterlagen zu finden gibt. Wurde er jemals aufgeklärt? Und wer war der Tote, der kaum Bekannte zu haben schien und warum interessierte er sich für den Mord?

Währenddessen wird dem Leser direkt ein Blick auf die Geschehnisse von damals ermöglicht. Zunächst lernt man Ingiborg kennen, die mit ihrem amerikanischen Freund die Leiche findet. Später beschreibt Indriδason den Verlauf der Ermittlungen des Kriminalbeamten Flóvent und Thorson von der amerikanischen Militärpolizei.
Somit sind dem Leser manche Details schon bekannt, die Konráδ erst mühsam herausfinden muss. Trotzdem gibt es immer wieder überraschende Wendungen und zu Beginn ist keineswegs klar, wer sich am Ende als Mörder erweisen wird. Denn dass es zwei Morde aufzuklären gibt, wird schon früh klar, nachdem die Leiche des Alten obduziert wurde. Um diesen aktuellen Mord aufklären zu können, muss Konráδ sich auf die Suche nach Informationen über den längst vergangenen Mord machen – denn es gibt weder einen Verdächtigen, noch ein Motiv. Im Verlaufe der Ermittlungen stößt der ehemalige Polizist auf Vergewaltigungen, die angeblich von Elfen oder ähnlichen Wesen begangen worden sein sollen und einen potentiellen weiteren Mord.
Persönliche Details erfährt der Leser vor allem von Konráδ, dessen Vater nicht ganz unbeteiligt an der Geschichte in der Vergangenheit ist, aber auch von Flóvent und Thorson.

Indriδason vermittelt sehr gut die gesellschaftliche Struktur in Reykjavik zur Zeit der Besatzung. Dadurch wirkt die Geschichte sehr authentisch. Die gesamte Geschichte ist schlüssig und der Plot abwechslungsreich, wenn nicht sogar komplex aufgebaut. Allerdings tauchen sehr viele Personen auf, teilweise in beiden Zeitsträngen, was es manchmal schwer macht, den Überblick zu behalten und zuzuordnen, welche Person nun mit wem gesprochen hat und über welche Informationen verfügt. Auch die Spannung ist trotz der Verflechtungen der beiden Zeitstränge und der verschiedenen Blickwinkel nicht allzu groß, sodass sich das Buch zwar leicht lesen lässt, der Leser jedoch nicht übermäßig vom Inhalt gefesselt wird. Vielleicht wäre das anders, wenn man die Hauptfiguren bereits kennen würde wie in der Erlendur-Reihe.

Alles in allem handelt es sich bei Schattenwege um ein solides gutes Buch, dem es leider ein ganz klein wenig an dem gewissen Etwas mangelt. Wer einen gut recherchierten, sinnvoll aufgebauten und nicht übermäßig grausamen Islandkrimi lesen möchte, liegt mit diesem Buch auf jeden Fall nicht falsch.

*Erschienen bei Bastei Lübbe*

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Autorin / Autor: islenski-hesturinn - Stand: 10. Dezember 2015