Schnell tot, blitzschnell geheilt

Grey’s Anatomy effect: Krankenhausserien vermitteln falsche Vorstellungen von Unfallfolgen und Genesung

Dass TV-Krankenhäuser nicht unbedingt die Wirklichkeit widerspiegeln, ist den meisten Menschen bewusst. Trotzdem sind sie mitunter dann trotzdem überrascht, wenn sie selbst in einem Krankenhaus landen und nicht sofort wieder geheilt werden können. Fernsehserien vermitteln oft einen unrealistischen Eindruck, der sich möglicherweise negativ auf die Zufriedenheit echter Patient_innen auswirken kann.

*Grey’s Anatomy effect*
Die Forscher_innen um Rosemarie O Serrone vom Dignity Health St. Joseph’s Hospital nennen das Phänomen Grey’s Anatomy effect. Die Wissenschaftler_innen hatten insgesamt 269 Folgen der beliebten US-amerikanischen Krankenhausserie untersucht und die dort gezeigten Verletzungen und Genesungen mit Daten von 4.812 echten Patient_innen verglichen. Dabei kam heraus, dass in Grey Anatomy Patient_innen nach Verletzungen eher sterben als dies in Wirklichkeit der Fall wäre. Während im Fernsehen 22% der Patient_innen im Krankenhaus das Zeitliche segnen, sind es unter den realen Patient_innen nur 7%.

*Erst in den OP, dann schnell wieder nach Hause*
Auf der anderen Seite genesen viele aber schneller von schweren Verletzungen. Von der Notaufnahme geht es meistens schnurstraks in den OP und vor dort aus auch ganz schnell wieder nach Hause in den Kreis der Liebsten. 50% der TV-Kranken spazieren innerhalb einer Woche wieder aus dem Krankenhaus. Nur sehr selten wird eine Langzeitpflege oder Reha-Maßnahmen thematisiert. Während die realen Krankendaten zeigen, dass 22% eine Langzeitpflege benötigen, sind es im Fernsehen nur 6%.
Die Forscher_innen befürchten, dass dies falsche Vorstellungen bei echten Patient_innen und ihren Angehörigen hervorruft. Patient_innen und Angehörige könnten so aufgrund unrealistischer Vorstellungen unzufrieden sein.

*Deutsche Krankenhausserien: TV-Ärzt_innen trinken Kaffee mit frisch Operierten*
Zu einem ähnlichen Schluss kommt eine kleine deutsche Studie von 2008, in der der Prof. Dr. med. Kai Witzel untersucht hatte, wie sich der Konsum von Arztserien auf die OP-Angst und Erwartungen an den Krankenhausalltag auswirkt. Darin wurde ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Konsum von Krankenhaus Serien und der Unzufriedenheit mit realen Visiten deutlich. Irgendwie hatten die Patient_innen das Gefühl, der Arzt müsse ihnen auch bei kleinen und harmlosen Eingriffen bei einer Tasse Kaffee erklären, wie die Operation gelaufen sei. Auch die Angst vor Operationen wird durch Serien eher geschürt. Der OP ist aus dramaturgischen Gründen in Filmen oft ein Ort der Gefahr und des Beinahe-Tods - Herzstillstand und Wiederbelebung inklusive. Routine-Operationen wie die Entfernung von Gallensteinen kommen logischerweise darin nur selten vor.

Nicht immer werden Arztserien negativ beurteilt. Dr. House genießt auch in wissenschaftlichen Kreisen einen ausgezeichneten Ruf, weil die medizinischen Hintergründe gut recherchiert sind und eher seltene und unbekannte Krankheiten in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden.

Wenn ihr also Fans von Krankenhaus-Serien seid, dann macht euch immer bewusst, dass der Krankenhaus Alltag weit weniger tödlich, dafür vielleicht auch nicht ganz so freundlich und gemütlich ist, wie dies in den Filmen manchmal den Anschein hat.

Die Studie wurde im Fach Journal Trauma Surgery & Acute Care Open veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemeldung - Stand: 27. Februar 2018