Schwarze Lügen

Autorin: Kirsten Boie
ab 12 Jahren

Buchcover

*Inhaltsangabe*
In dem Kriminalroman „Schwarze Lügen“ von Kirsten Boje geht es um Melody, deren Familie ein schwerer Raub angehängt wird. Melodys Bruder Amadeus sitzt eines wegen eines Überfalls, den er nicht begangen hat, in U-Haft. Melody selbst steckt mit dem gestohlenen Geld in einem Dorf fest, ohne jegliche Ahnung darüber zu haben, wo es herkommt und wer es ihr zugesteckt hat. Der wahre Täter schreckt allerdings vor nichts zurück und so kommt es, dass bald auch ihre kleine Schwester in großer Gefahr schwebt.

*Meine Meinung*
„Schwarze Lügen“ wird aus der Sicht von mehreren Charakteren erzählt. Das fand ich anfangs etwas störend, letztendlich konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie es wäre, wenn ich das Ganze nur aus Melodys Sicht hätte verfolgen können. So wurde es vielschichtiger, tiefer und interessanter. Zuerst versteht man nicht, was all diese Menschen miteinander zu tun haben sollen, doch irgendwann verschlingt sich alles auf so eine Art und Weise, dass ich mich nur noch gewundert habe, wie die Autorin es geschafft hat, den roten Faden nicht zu verlieren und es für den Leser ebenso verständlich und logisch zu halten.

Ich habe während des Buches immer wieder überlegt, dass das alles nur eine dumme Verkettung von Zufällen war. Wäre das nicht passiert…, hätte sie nein gesagt…, wäre er zwei Minuten später da lang gefahren… „Schwarze Lügen“ besteht aus mehreren dieser Schmetterlingseffekte, was ich sehr interessant fand.

Den Schreibstil Kirsten Boies fand ich sehr angenehm und flüssig zu lesen.

Auch wenn auf dem Cover „Kriminalroman“ steht, so ist dieses Buch doch soviel mehr als das. Die Tat im Vordergrund, spielt sich im Hintergrund doch etwas ganz anderes ab, das den Leser anregt, nachzudenken. Man weiß anfangs nicht, was mit Melody anders ist, eigentlich etwas, was in der heutigen Zeit kein Thema mehr sein sollte. Melody ist afrikanischer Abstammung, so ist also auch ihre Hautfarbe dunkel. Es wird im Sinne von: „Die misstrauischen Blicke von der Seite bin ich gewohnt“ immer wieder angedeutet, irgendwann wird auch aus der Perspektive von anderen z. B. von „Negerschlampe“ (etc.) geredet. Auch dass Melody und ihr Bruder Amadeus des Überfalls verdächtigt werden, beruht auf dummen Vorurteilen. So wie sich die Sicht aller Weißen im Buch ändert, so horcht man letzten Endes auch in sich selbst hinein. Man zweifelt daran, ob man tief im Inneren wirklich so felsenfest davon überzeugt ist, dass jeder Mensch gleich ist. Der Polizist bringt es am Ende sehr gut auf den Punkt als er einen afrikanischen Pfarrer befragt: „Es war dieser Pastor gewesen  (…), in seinem winzigen Arbeitszimmer und dem Bücherregal. Und der winzige Moment des Erstaunens darüber, dass er es mit einem klugen, gebildeten Menschen zu tun hatte. (…) Das Erstaunen war aufgetaucht und genauso schnell wieder verschwunden, zusammen mit dem Gefühl der Scham. Nie hätte er erwartet, dass ein solches Erstaunen bei ihm überhaupt möglich war. (…) Wäre er bei einem englischen, französischen Pastor auch nur einen Bruchteil der Sekunde lang ebenso verblüfft gewesen über die gefüllten Bücherregale, das fast fehlerfreie Deutsch?  Natürlich war er kein Rassist, (…) da hätte er mit jedem gestritten bis aufs Blut. Er war überzeugt davon gewesen, dass das auch im tiefsten Inneren galt. Das kurze Erstaunen in der Wohnung eben hatte ihm etwas Besserem gelehrt. Wir sind keineswegs automatisch auch wirklich von dem überzeugt, von dem wir überzeugt sein möchten, dachte er. An dem unser logisches Denken lange keinen Zweifel mehr lässt. Dafür, was wir im tiefen Inneren immer noch glauben, ist soviel mehr verantwortlich.“ (S. 372)
Es ist eine Stelle, die einen nachdenklich werden lässt. Eine dieser Stellen, die dieses Buch so wichtig und wunderbar macht.

Spannend wird das Buch zum Ende hin auch ein wenig, die Thriller-Komponente war aus meiner Sicht aber eher nebensächlich, auch wenn es ein sehr wichtiger Aspekt ist und das Grundgerüst für die Geschichte formt, um sie spannender und lesenswerter, echter zu machen.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass das Buch in einem Zeitraum von etwa drei Tagen erzählt wird, und manchmal etwas lang gezogen war.

*Fazit*
Für mich war das Buch deshalb etwas Besonderes, weil es zeigt, wie wertvoll jeder einzelne ist, egal welcher Abstammung, Hautfarbe oder Religon, und was wahre Freundschaft bedeutet. Und es zeigt, dass Verbrecher nicht immer kaltblütig und der Junge an der Seite nicht immer mutig sein muss. Stark ist man einfach nur weil man so ist wie man ist. Nach diesem wichtigen, klugen Buch sollte das niemand mehr in Frage stellen.

*Erschienen bei Oetinger*

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Autorin / Autor: loveathletics - Stand: 4. August 2014