Seichte Klänge für Mädchen, wilder Sound für Jungs?

Studie zeigt auf, dass nicht nur Bilder und Sprache, sondern auch die Musik Geschlechterstereotype in Werbung befeuert

Für Mädchen alles in rosa, für Jungs alles in blau, für Mädchen Spielzeugküchen und pinke Einhörner, für Jungs Plastikbohrmaschinen und grimmige Superheldenfiguren. Gegen solche plumpen und allzu offensichtlichen Geschlechterstereotypen regt sich Widerstand. Aber es gibt auch subtilere Wege, um geschlechtstypische Botschaften zu vermitteln und zu verstärken, die kaum bemerkt werden. Eine Studie  von Luca Marinelli vom Centre for Digital Music (Queen Mary) in Zusammenarbeit mit Professor Petra Lucht (TU Berlin), wirft einen neuen Blick auf ein oft übersehenes Element: die Musik. Die Forschungsarbeit deckt auf, wie Geschlechterstereotypen nicht nur durch Bilder und Sprache vermittelt werden, sondern auch in die Klangkulisse und die Musik von Werbespots eingebettet sind, die sich speziell an Kinder richten.

Rau und verzerrt oder weich und harmonisch

„Die Rolle der Musik in der Geschlechterdarstellung wurde bisher weitgehend ignoriert, aber unsere Ergebnisse zeigen, dass Soundtracks die Geschlechterwahrnehmung von klein auf prägen“, erklärt Luca Marinelli.
Bei der Analyse einer großen Stichprobe von Spielzeugwerbung, die im Vereinigten Königreich ausgestrahlt wurde, stellten die Forscher:innen deutliche Unterschiede in den Musikstilen fest, die in der Werbung für Jungen und Mädchen verwendet werden. In Werbespots, die sich an Jungen richteten, waren die Soundtracks tendenziell lauter, rauer und verzerrt, was die Vorstellungen von Männlichkeit durch härtere Klanglandschaften verstärkte. Im Gegensatz dazu enthielten Werbespots, die sich an Mädchen richteten, weichere, harmonischere Musik, die traditionelle Assoziationen mit Weiblichkeit verstärkte. „Diese synergetischen Design-Entscheidungen sind nicht zufällig, sondern stehen bewusst im Einklang mit fest verankerten Geschlechternormen“, sagt Marinelli.

Geschlechterstereotype haben Folgen - für alle

Dr. Charalampos Saitis, Hauptautor der Studie, weist auf die Auswirkungen hin: „Kinder empfangen diese Botschaften auf mehreren Ebenen, und die emotionale Wirkung der Musik verstärkt die Geschlechtertrennung auf subtile, aber wirkungsvolle Weise.“

Diese neue Studie kommt zu einer Zeit, in der die Werbevorschriften im Vereinigten Königreich so weiterentwickelt werden sollen, dass sie schädliche Geschlechterstereotype verhindern helfen. Denn aus der Forschung weiß man, dass der frühe Kontakt mit Geschlechterstereotypen mit einer Reihe von Problemen in Verbindung steht: etwa von Sorgen um das Körperbild bis hin zu eingeschränkten Karriereaussichten.

„Es geht nicht nur um rosa für Mädchen und blau für Jungen“, sagt Marinelli. „Wenn man Musik und Soundeffekte hinzufügt, verstärkt man die geschlechtsspezifischen Botschaften erheblich. Und: „Die Folgen dieser frühen Botschaften sind weitreichend“, ist Marinelli überzeugt. „Musik in der Spielzeugwerbung ist nur ein Teil des Puzzles, aber ein sehr wichtiger“.

Tatsächlich wird sich dieses Phänomen vermutlich nicht nur in Spots für Kindern finden lassen. Vielleicht achtet ihr mal bei der nächsten Baumarkt-, Auto- oder Parfümwerbung, welche angesprochenen Gruppen mit welcher Musik umgarnt werden? ;-)

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Autorin / Autor: Redaktion/Pressemitteilung - Stand: 12. November 2024