Serpent Queen 1. In Power She Rises

Autorin: Christina Hiemer

„Serpent Queen“ von Christina Hiemer entführt uns in eine düstere und magische Welt, in der Macht, Intrigen und Verrat an der Tagesordnung sind. Die vier Königreiche, die in einem fragilen Frieden miteinander existieren, stehen kurz vor einem möglichen Krieg, der jederzeit ausbrechen könnte. Dieser Konflikt zieht sich durch die gesamte Geschichte und bildet den Hintergrund für die Ereignisse rund um die junge Wächterin Cahira. Als sie den König von Silvestria nicht vor einem Attentat retten kann, wird sie von Atlas, dem Thronfolger, in die berüchtigte Schlangengrube geworfen – ein sicherer Tod. Doch Cahira überlebt diese Folter und entdeckt, dass eine lebendige Schlange auf ihrem Körper lebt. Diese Schlange verleiht ihr übernatürliche Kräfte und weckt eine tiefe Sehnsucht nach Rache, die die ganze Geschichte vorantreibt.

Meine Meinung zum Buch

Die Welt, die in „Serpent Queen“ erschaffen wird, hat zweifelsohne viel zu bieten. Sie ist komplex, voller Geheimnisse und alter Geschichten. Das Bild der vier Königreiche, die in einem zerbrechlichen Frieden miteinander leben, ist faszinierend und zieht den Leser sofort in den Bann. Besonders das Schlangenreich und die mystische Bedeutung der Schlange auf Cahirans Körper sind spannende Elemente, die das Buch einzigartig machen. Die magischen Kräfte, die Cahira durch die Schlange erhält, verleihen der Geschichte einen Hauch von Übernatürlichem, das nicht nur als äußere Bedrohung dient, sondern auch als Spiegel für Cahirans inneren Konflikt zwischen Rache und dem Wunsch nach Erlösung. Das Setting bietet also reichlich Stoff für eine vielschichtige und tiefgründige Geschichte, die mehr hätte bieten können, wenn sie die Potenziale der Welt und ihrer Charaktere voll ausgeschöpft hätte.

Leider lässt das Buch in der Umsetzung dieser faszinierenden Welt und ihrer Charaktere einiges zu wünschen übrig. Cahira, die als Hauptfigur in den Mittelpunkt der Handlung gestellt wird, bleibt über weite Strecken des Buches eine eher flache, eindimensionale Figur. Trotz der großen Herausforderungen, vor die sie gestellt wird – etwa der Verrat durch die Menschen, denen sie vertraut, sowie der mysteriösen Macht, die sie von der Schlange erhält – bleibt ihr innerer Konflikt wenig tiefgründig. Ihre Rachegefühle wirken oft impulsiv und scheinen mehr von außen gesteuert als wirklich aus ihrer eigenen, inneren Entwicklung zu kommen. Die emotionale Tiefe, die man von einer solchen Hauptfigur erwarten würde, bleibt größtenteils aus. Dies führt dazu, dass man als Leser oft Schwierigkeiten hat, sich mit ihr zu identifizieren oder wirklich mit ihr mitzufühlen, wenn sie Entscheidungen trifft oder sich in gefährliche Situationen begibt.

Ein weiteres Problem ist die Entwicklung der Nebencharaktere, insbesondere von Atlas, dem Thronfolger. Er bleibt über weite Strecken des Buches der typische Antagonist – kalt, unnahbar und von einer scheinbaren Gier nach Macht getrieben. Leider erfahren wir wenig über seine inneren Beweggründe oder darüber, was ihn zu dem macht, was er ist. Dies führt dazu, dass er als Charakter eher eindimensional wirkt und für den Leser keine Überraschungen bereithält. Auch andere Figuren, die in der Geschichte auftauchen, bleiben eher blass und tragen wenig zur Tiefe der Handlung bei. Der Mangel an gut ausgearbeiteten Nebenfiguren macht die Geschichte weniger fesselnd, da man das Gefühl hat, dass die Handlung allein auf den schwachen Schultern der Hauptfigur und ihrer simplen Rachegeschichte lastet.

Zudem hätte die Handlung insgesamt mehr Wendungen und Überraschungen vertragen können. Viele der Ereignisse und Konflikte sind leider vorhersehbar und folgen einem eher klassischen Fantasy-Muster. Es gibt wenig, was wirklich unerwartet kommt, was besonders schade ist, wenn man bedenkt, dass die Welt und die Prämisse des Buches genug Potenzial für komplexe Wendungen gehabt hätten. Die magischen Elemente, insbesondere die Kräfte der Schlange, sind ein faszinierendes Konzept, das jedoch nicht ausreichend genutzt wird, um der Geschichte die nötige Tiefe zu verleihen. Viel zu oft bleibt es bei oberflächlichen Auseinandersetzungen oder politischen Intrigen, die zwar interessant sind, aber nicht genug emotionale Tiefe oder überraschende Wendungen bieten, um das Interesse langfristig zu halten.

Es gibt auch Momente, in denen die Erzählweise und der Schreibstil der Autorin das Leseerlebnis beeinträchtigen. Der Stil ist stellenweise etwas holprig, und es dauert eine Weile, bis man sich richtig in die Geschichte vertiefen kann. Einige Passagen wirken unnötig gestreckt, ohne dass sie der Handlung wirklich dienen, was die Erzählung an manchen Stellen langsamer macht, als sie eigentlich sein müsste. Das hätte durch prägnantere Dialoge und fokussiertere Handlungsstränge vermieden werden können.

Insgesamt bleibt „Serpent Queen“ ein Buch, das durch seine Idee und seine Weltaufmachung durchaus fesseln kann, aber durch die schwache Charakterentwicklung und die vorhersehbare Handlung das Potenzial nicht vollständig ausschöpft. Die Magie und die politischen Spannungen bieten einen spannenden Hintergrund, aber es fehlt an der nötigen emotionalen Tiefe und an komplexen Charakteren, die das Buch zu einem wirklich herausragenden Werk hätten machen können. Die Geschichte bleibt zwar unterhaltsam und bietet eine düstere Atmosphäre, aber es ist leider nicht genug, um wirklich zu packen und die Leser nachhaltig zu fesseln. Für alle, die eine solide Fantasy-Geschichte suchen, könnte es dennoch ein angenehmes Leseerlebnis sein – allerdings nichts, was besonders lange in Erinnerung bleiben wird.

Erschienen bei Oetinger

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Autorin / Autor: Ryiah - Stand: 15. November 2024