Sinnlose Ehrenrunden
OECD-Studie: Sitzenbleiben ist teuer und uneffektiv
Manche Rufe verhallen leider ungehört. So wie die 2009 durchgeführte Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm, der im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung eine Art Kosten-Nutzen-Rechnung für die ungeliebten schulischen "Ehrenrunden" aufgestellt und dabei festgestellt hatte, dass Sitzenbleiben nicht nur unglaublich teuer, sondern in pädagogischer Hinsicht wenig sinnvoll ist.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt nun die OECD bei der Betrachtung einzelner Aspekt der PISA Studie 2009 ("PISA in Focus"). Die Wiederholung eines Schuljahrs kommt die Länder nicht nur teuer zu stehen, sondern sie fielen bei der PISA-Studie auch durch ingesamt schlechtere Leistungen und durch einen größeren Einfluss des Bildungshintergrunds auf die Schulleistungen auf.
Ähnliches gilt für Länder, die SchülerInnen auf andere Schulen schicken, wenn sie keine ausreichende Leistungen zeigen oder anderweitig unangenehm auffallen. Die hohen Kosten, die durch die Wiederholung eines Schuljahres und den dadurch bedingten späteren Einstieg ins Berufsleben entstehen, sind also offenbar schlecht angelegt.
In Ländern, wo weder Sitzenbleiben noch Schulwechsel üblich sind, schnitten SchülerInnen bei PISA 2009 auch insgesamt besser ab. Auch konnten dort SchülerInnen aus sogenannten bildungsfernen Schichten eher punkten als SchülerInnen mit einem ähnlichen Hintergrund aus den Sitzenbleiber-Ländern.
Die PISA-Spitzenreiter Japan, Korea und Norwegen etwa verzichten auf Klassenwiederholungen und gelten gleichzeit als Länder, in denen soziale Unterschiede für den Schulerfolg kaum eine Rolle spielen, während PISA-Schusslichter wie Tunesien und Brasilien bei der Sitzenbleiber-Statistik die vordersten Ränge belegen. Deutschland liegt im Sitzenbleiber-Ranking übrigens auf Platz 20.
Sitzenbleiben und Schul-Wechsel führen also offenbar keineswegs zu einer besseren Bildungsleistung, weder individuell noch gesamtgesellschaftlich. Das Geld, das hier unnötig verpulvert wird, könnte sicherlich besser eingesetzt werden, etwa in die individuelle Förderung von schwächeren SchülerInnen. Die OECD-Forscher kommen allerdings zu dem Schluss, dass eine Abschaffung der Ehrenrunde oder des Schulwechsels nicht zwangsläufig dazu führe, dass sich die Leistung der SchülerInnen verbessert. Aber einen Versuch wäre es ja mal wert.
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 14. Juli 2011