So federleicht wie meine Träume
Autorin: Mariko Turk
Aus dem Amerikanischen von Dagmar Schmitz
ab 14 Jahren
„So federleicht wie meine Träume“ von Mariko Turk ist ein zeitgemäßer Coming-Of-Age-Liebesroman. Es geht um Alina, die sich nach einem Unfall neu orientieren muss. All die Träume, die sie bisher gehegt hat, sind nun unerreichbar geworden. Was bleibt einem Menschen, wenn er das verliert, was er am meisten liebt?
Alinas Leben ist Ballett. Oder war es zumindest, bis sie sich ihr Bein gebrochen hat. Ihre Zukunftspläne lösen sich in Rauch auf und sie muss plötzlich ganz normal zur Schule gehen – kein Onlineunterricht mehr und keine Nachmittage und Wochenende voller Balletttraining mehr. Zu ihrer besten Freundin will sie keinen Kontakt mehr haben, weil sie – im Gegensatz zu Alina – immer noch an der Ballettakademie tanzen kann. Sie kapselt sich ein, öffnet sich weder gegenüber ihrer Familie, noch anderen Menschen in ihrem Umfeld. Nur ihrer Mitschülerin Margot gelingt es sie ein wenig aus ihrem Schneckenhaus zu locken. Sie überredet sie sogar beim Casting für das alljährliche Schulmusical mitzumachen. Aber kann das wirklich die Leere füllen, die das Ballett hinterlassen hat?
Meine Meinung:
Ich finde den Roman von Mariko Turk sehr gut gelungen. Alina war mir nicht unbedingt der sympathischste Hauptcharakter, aber authentisch. Ihr Heilungsprozess verläuft realistischerweise nicht linear, sondern hat Höhen und Tiefen, nimmt Umwege und am Ende ist nichts wie vorher, aber zumindest hoffnungsvoller. Ich war nie wirklich ein Ballettfan, aber irgendwie schon fasziniert von dem Thema. Das Buch hat mir noch ganz andere Einblicke gegeben und erklärt (zumindest ansatzweise) weshalb sich diese zwar anmutige, aber irgendwie auch brutale Tanzform schon Jahrhunderte hält. Es hat mir tatsächlich auch große Lust gemacht, selber eine Ballettvorführung zu besuchen. Besonders gut und wichtig fand ich auch die rassismuskritische Auseinandersetzung mit den Strukturen von Ballett und in der Gesellschaft allgemein. Auch Geschlechterstereotypen werden angeschnitten und es gab homosexuelle Charaktere. Besonders aufgefallen ist mir, dass die Charaktere – zumindest in Ansätzen – achtsam miteinander umgegangen sind. Der Autorin ist es meines Erachtens nach gelungen ein realistisches Bild der Jugend zu zeichnen, die sich in einem Lernprozess befindet und noch oft genug „Scheiße baut“, aber gleichzeitig auf dem Weg dahin ist respektvoller und achtsamer miteinander umzugehen – egal welches Geschlecht, welche sexuelle Orientierung, welche Lebenseinstellung oder welche (zugeschriebene) Herkunft ein Mensch hat. Und es kam kein romantisiertes, übergriffiges Verhalten vor – was leider nicht der Normalfall ist bei Liebesromanen. Ein Kritikpunkt von mir wäre allerdings, dass Nachhaltigkeit so gar kein Thema war (bis in auf einen eher lächerlich gemachten Nebensatz), was aber vielleicht auch in der Gegend in den USA kein Mainstreamthema ist. Auch fand ich den Umgang mit dem Begriff „Bitch“ problematisch. Es wird zwar inhaltlich kritisch angesprochen, aber meiner Meinung nach nicht nachhaltig und tiefgehend genug. Das Ende war auch sehr Friede, Freude, Eierkuchen, aber zumindest haben sich nicht alle Konflikte komplett in Wohlgefallen aufgelöst, sondern ein paar Spannungen waren noch vorhanden.
Ansonsten kann ich das Buch aber empfehlen, vor allem für Leser*innen ab 12 Jahren, die sich für Liebesromane mit aktuellem Bezug interessieren.
Erschienen bei cbj
Autorin / Autor: Johanna Reichel - Stand: 4. Januar 2024