Songtitel sind mehr als Worte
Studie untersuchte, wie Songtitel die Wahrnehmung von Musik beeinflussen
Dass Titel einen großen Einfluss darauf haben, wie wir Gemälde oder Kunstobjekte wahrnehmen und wertschätzen, ist inzwischen gut erforscht: So ist zum Beispiel bekannt, dass ein und das gleiche Bild mit zwei verschiedenen Überschriften sehr unterschiedliche Reaktionen auslöst. Nun wollten Wisenschaftler_innen wissen, ob das auch für Musikstücke gilt und Songtitel ebenfalls die Wahrnehmung und Bewertung von Musik beeinflussen. In einer gemeinsamen Studie des Fachgebiets Audiokommunikation der TU Berlin und der Goldsmiths University of London haben Manuel Anglada-Tort, Dr. Jochen Steffens und Dr. Daniel Müllensiefen sich dieser Frage angenommen. „Titel sind ein grundlegendes Element jeder Musik. Wenn wir in Playlists nach Musik suchen, tun wir das in der Regel anhand der Titel, die uns an unsere Lieblingsmusik erinnern.“
Songtitel haben oft einen starken emotionalen Inhalt, sowohl positiv als auch negativ (z.B. „Tragedy“ von Norah Jones oder „Kiss“ von Prince). Andere schockieren mit ihren Aussagen wie „My guitar wants to kill your mama“ von Frank Zappa oder „Ha ha you’re dead“ von Green Day. In jedem Fall verbinden wir mit dem Titel Gefühle. Anhand von zwei verschiedenen Experimenten untersuchten die Wissenschaftler_innen die Wirkung von Songtiteln auf die Wahrnehmung von Musik, indem sie den Versuchspersonen Musik vorspielten, die sie anschließend bewerten mussten.
Im ersten Experiment unterschieden sich die Titel anhand ihrer Aussprache. Identische Musikstücke wurden einer Gruppe entweder mit fließenden, leicht auszusprechenden Titeln präsentiert oder mit komplizierten, schwer auszusprechenden Titeln. Dabei stellte sich heraus, dass die Teilnehmenden die Musik mit einem leicht auszusprechenden Titel nicht nur besser bewerteten, sondern dass sie das Lied auch eher weiterempfehlen oder ein Konzert dieser Künstlerin oder dieses Künstlers besuchen würden.
In einem zweiten Experiment wurden die emotionalen Assoziationen der Songtitel manipuliert und den Versuchspersonen ein Musikstück mit mit drei emotional unterschiedlich belegten Titeln präsentiert: „Windows“ als emotional eher neutral, „Passion“ positiv und „Tragedy“ negativ assoziiert. Das Ergebnis: Die Teilnehmer_innen stuften das identische Stück ästhetisch höherwertig ein, wenn es einen positiv klingenden Titel trug. Wurde das gleiche Musikstück mit negativen Titeln präsentiert, fanden die Versuchspersonen es auch weniger ästhetisch.
Ging es aber um den Erinnerungseffekt, war der Zusammenhang genau umgekehrt: während positive Titel nicht lange im Gedächtnis blieben, wurden neutrale und negative Titel besser erinnert. „Insgesamt ergab eine abschließende Gesamtanalyse, dass die gleiche Musik besser bewertet wurde, wenn sie mit Titeln präsentiert wurde als ohne. In dem Fall spielte die Emotionalität des Titels keine Rolle“, so Manuel Anglada-Tort. "Songtitel sind mehr sind als Worte; sie sind Signale, die Menschen beeinflussen“, so die Autor_innen.
Die Studie erschien in der Fachzeitschrift Psychology of Aesthetics, Creativity and the Arts.
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