Dramajungs - Stehaufmädels
Fußball-Studie: Frauen verzichten auf Drama, Männer inszenieren sich selbst
Am Sonntag geht’s los. Dann startet für die deutschen Fußball-Frauen die Herausforderung Titelverteidigung. Dass Frauen genauso hart im Nehmen sind wie Männer, wenn nicht härter, dürfte klar sein. Auch, dass sie ihnen taktisch und spielerisch in nichts nachstehen, steht außer Frage. Nur in Sachen Schauspiel haben Männer den Frauen anscheinend Einiges voraus. Das haben Sportwissenschaftler der TU München (TUM) in einer Analyse von 56 Fußballspielen festgestellt, in der sie Ort, Zeit und Dauer jeder Spielunterbrechung auswerteten. Das Ergebnis: Wenn Frauen Fußball spielen, sind die einzelnen Unterbrechungen wie etwa Auswechslungen und Torjubel deutlich kürzer als bei Männern. Besonders nach Verletzungen bleiben Männer deutlich länger am Boden. Männer inszenieren sich viel stärker beim Fußball als Frauen, folgern die Wissenschaftler.
Mehr Unterbrechung als Spiel
Unterbrechungen sind im Fußball häufig: Durchschnittlich 38 Prozent der Gesamtzeit jagen die Fußballerinnen und Fußballer nicht dem Ball hinterher, stellten die Sportwissenschaftler in ihrer Untersuchung fest. In einigen Spielen dauerten die Unterbrechungen mit 53 Prozent sogar länger als das eigentliche Spielgeschehen.
*Frauen feiern bescheidener*
Zwar unterscheiden sich Fußballspiele von Männern und Frauen in der gesamten Unterbrechungszeit nicht. Die einzelnen Unterbrechungen allerdings sind bei Männern wesentlich länger. So hält der Torjubel bei Männern fast eine Minute an, während die Frauen nur etwa halb so lang feiern. Das Auswechseln dauert bei Männern mit 45 Sekunden fast 10 Sekunden länger als bei Frauen. Besonders auffallend sind die Unterschiede bei Verletzungsunterbrechungen, hier bleibt das „starke Geschlecht“ 30 Sekunden länger am Boden. Insgesamt ist das Spiel der Frauen zwar öfters unterbrochen, wird aber fast immer viel schneller wieder fortgesetzt, als das bei den Männern der Fall ist.
*Männer stehen auf Drama, Frauen stehen schnell wieder auf den Beinen*
TUM-Sportwissenschaftler Prof. Martin Lames erklärt: „Generell können die Unterschiede so interpretiert werden, dass bei den Männern der Gedanke der Inszenierung viel stärker ausgeprägt ist als bei den Frauen, bei denen offensichtlich das Spiel an sich im Vordergrund steht.“ Show-Effekte, Schauspielereien und Proteste seien weitgehend den Männern vorbehalten. Lames: „Der Grund dafür könnte sein, dass die Spiele der Männer generell vor mehr Zuschauern und mit höherer medialer Aufmerksamkeit ausgetragen werden.“
Malte Siegle, Doktorand am Lehrstuhl, ergänzt: „Wir konnten sogar den Beweis führen, dass Männer die Unterbrechungsdauer als taktisches Mittel einsetzen. Wie an vielen Stammtischen vermutet wird, lässt man sich in Führung liegend nachweislich mehr Zeit als bei Unentschieden oder sogar bei Rückstand. Dieses Verhalten finden wir bei Frauen überhaupt nicht.“
Die Trainingswissenschaftler und Sportinformatiker um Prof. Martin Lames wollen mit der von ihnen entwickelten Methode der „Case-by-case Analyse von Spielunterbrechungen“ herausfinden, wie Fußballspiele strukturiert sind. So erhalten die Forscher Hinweise darauf, wie sich die Spielerinnen und Spieler optimal vorbereiten können. Der Vergleich zwischen Herren- und Damenfußball entstand als eine Art Nebenprodukt des Forschungsprojekts.
Bei der in wenigen Tagen beginnenden Weltmeisterschaft der Frauen in Deutschland wird sich zeigen, ob diese Unterschiede bestehen bleiben, wenn auch der Fußball der Frauen vor vielen Zuschauern stattfindet und ins mediale Rampenlicht gerückt wird.
Möglicherweise muss die Bundestrainerin dann in Zukunft mehr auf Schauspielunterricht setzen ;-), vielleicht hilft das, den Frauen-Fußball noch attraktiver für die Medien zu machen.
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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 24. Juni 2011