Stop ACTA!
Unter diesem Leitsatz zogen begeistert über zweieinhalb Tausend Demonstranten durch die Düsseldorfer Innenstadt. Celi war dabei und hat Impressionen gesammelt.
Schon vor dem offiziellen Beginn um 14 Uhr versammeln sich immer mehr Menschen auf der Straße mit selbst gebastelten Schildern, die unter anderem von süßen kleinen Ponys und Einhörnern, andererseits aber auch von riesenhaften furchteinflößenden haarigen ACTA-Monstern geziert werden. Und auch immer mehr der berühmten „Anonymous“-Masken aus dem Film „V wie Vendetta“ waren zu sehen. Organisiert wurde die ganze Aktion über Facebook und YouTube. Seiten, die – so die Aktivisten – durch das ACTA-Abkommen nicht mehr existieren würden.
*ACTA? Was ist das?*
Mittlerweile sollte eigentlich jeder einmal davon gehört haben, aber auch wer ACTA noch nicht kennt, muss sich nicht schämen, denn die Verhandlungen über das Anti-Fälschungs-Abkommen wurden bisher immer nur hinter verschlossenen Türen gehalten. Zur Erklärung: ACTA ist ein Handelsabkommen von Europa, den USA und Japan. Es will die Urheberrechte strenger beschützen und Urhebern helfen, die Qualität ihrer veröffentlichten Produkte zu verbessern. Ohne ACTA entstünden jährlich enorm hohe finanzielle Schäden, so die Industrie. ACTA-Gegner jedoch sagen, mit ACTA würde jeder Internet-User vorsorglich kriminalisiert werden, auch wenn er kein offensichtliches Verbrechen begangen habe.
Das Gedränge auf der Straße vor dem DGB-Haus wird sekündlich enger, jeder der Teilnehmer hat gerade noch so Platz, sein Schild festzuhalten und zu atmen. Vor dem LKW, der die Demonstranten anführt, wird es sogar noch enger, denn nun tritt der Neusser Künstler MaximNoise auf die Ladefläche und trägt seinen Anti-ACTA-Rap „Viva la Revolución“ vor. Die Musik schallt auch bis in die letzten Reihen der Demonstration. Durch die Menschenmassen kämpfen sich jedoch auch Passanten, die nicht an der Demonstration teilnehmen. Darunter auch eine Gruppe junger Frauen, die sich gerade einen Kaffee geholt hatten.
Die Demo setzt sich in Bewegung. Unter den Demonstranten gibt es keinen Klassenkampf von Subkulturen. Denn alle kämpfen gegen dieselbe Sache namens ACTA. Doch auf halber Strecke zum Ziel dann der große endlos scheinende Stopp. Eine kleine Gruppe der Demonstranten hat sich wohl für eine Sitzblockade vor dem LKW entschieden. Sofort stürzen sich die Umstehenden auf die Sitzenden und fordern sie unter lautstarken Buhrufen zum Aufstehen auf. Einer nach dem Anderen löst sich aus der Blockade, bis einer sich für ganz schlau hält und sich hinter den Wagen setzt, der gerade im Begriff ist zurückzusetzen, um in einem anderen Winkel ab zu biegen und so die Sitzblockade zu umfahren. Einer der Demonstranten schnappt sich den Rucksack dieses Schlauen und will im Affenzahn von dannen laufen, als der Sitzende aufsteht und ihn am Schlafittchen packt.Beinahe kommt es zu einer Schlägerei, doch die Polizisten, die die Demonstration begleiten, schreiten ein. Nochmal gut gegangen.
*Die „Miss Schild“-Wahl*
Um 17 Uhr kommen sie dann letzten Endes auf der Wiese vor dem Ministerium an. Zur Abschlusskundgebung sind immerhin noch die Hälfte der Demonstranten geblieben, um der „Miss Schild“-Wahl bei zu wohnen. Als Sieger geht unter lauten Jubelrufen das Plakat mit dem ACTA-Monster hervor. Auf dessen Rückseite zeigt sich ein großes Kreuzworträtsel mit der Überschrift „Eure Politik ist uns ein Rätsel“. Der Gewinn: Eine echte Miss-Wahl Schärpe mit der Aufschrift „Diese Schärpe ist in deinem Land nicht verfügbar“.
Das große Finale nähert sich. Einer der Organisatoren zitiert Zeilen aus dem ACTA-Text. Die Masse fordert den „Schund“ zu verbrennen. Ihr Wunsch ist den Vermummten auf dem Anhänger Befehl. Auch wenn es keine Bücherverbrennung darstellen soll, so wirkt es wie eine. Schnell kramt man ein Feuerzeug aus der Hosentasche, das Dokument wird aus geheftet und geht unter anfeuernden Rufen in Flammen auf. Der beißende Geruch von verbranntem Papier und verkohlender Druckerschwärze zieht mir in die Nase, und grauschwarzer Rauch steigt zielstrebig in den Sonnenuntergang empor. Begleitet wird das Spektakel von Deichkind's Protestsong „Illegale Fans“.
Übrigens: ACTA wurde abgewehrt... für's Erste. Im Sommer will man neu verhandeln.
Autorin / Autor: Celi - Stand: 16. März 2012