Tief durchatmen statt Dampf ablassen

Wütenden wird empfohlen, mal Dampf abzulassen oder den Ärger so richtig rauszulassen. Das bringt nicht viel, sagen Forschende. Besser ist runterzukühlen und tief durchzuatmen.

Wer fast vor Wut platzt, wird wahrscheinlich noch mehr ausrasten, wenn man ihm empfiehlt, es doch mal mit Achtsamkeit, Meditation, Yoga oder tiefem Atmen zu versuchen. Tatsächlich scheint das aber der effizientere Weg zu sein, um Wut wieder in den Griff zu kriegen, sagen Forscher:innen der US-amerikanischen Ohio State University.
Den Mythos, dass man Dampf ablassen müsse, indem man seine Wut rausschreit, irgendwas kaputt haut oder sich körperlich verausgabt, haben sie in einer umfangreichen Meta-Studie untersucht. Sie analysierten 150 Studien mit mehr als 10.000 Teilnehmenden und fanden heraus: das Einzige, was wirklich hilft, Wut und Aggression einzudämmen, ist, die physiologische Erregung herabzusetzen, auf gut deutsch "runterzukommen" und sich abzukühlen. Aktivitäten, die den Erregungspegel noch steigern, verbessern hingegen nichts. "Ich denke, es ist wirklich wichtig, mit dem Mythos aufzuräumen, dass man, wenn man wütend ist, Dampf ablassen sollte - sich die Wut von der Seele reden", sagte der Hauptautor der Studie, Brad Bushman, Professor für Kommunikation an der Ohio State University. "Wut abzulassen, mag eine gute Idee sein, aber es gibt nicht den geringsten wissenschaftlichen Beweis für die Katharsistheorie. Um Wut abzubauen, ist es besser, sich mit Aktivitäten zu beschäftigen, die das Erregungsniveau senken", so Bushman.

Entgegen der landläufigen Meinung sei selbst Joggen keine wirksame Strategie, da es den Erregungspegel erhöhe.

Mit Zerstörungsorgien Stress abbauen? Hilft nicht!

Die Forscher:innen um Brad Bushman und Sophie Kjærvik hatten sich für ihre Studie von den immer beliebter werdenden "Rage rooms" (dt: Wuträume) inspirieren lassen, das sind Räume, wo man - meist gegen Bezahlung - alles Mögliche kurz und klein schlagen und so richtig ausrasten darf. Wuträume werben damit, dass man mit einem Besuch und einer kleinen Zerstörungsorgie Stress abbauen könne. Forscherin Kjærvik wollte mit ihrer Untersuchung zeigen, dass diese Theorie auf wackeligen Füßen steht.

Statt sich an einem Boxsack abzuarbeiten oder sich sportlich komplett zu verausgaben, helfen gegen Wut ähnliche Strategien wie gegen Stress: Meditation, tiefes Atmen, progressive Muskelentspannung und weitere Techniken, die das Erregungsniveau senken, so die Forschenden. Dass das herausfordernd sein kann, ist den Wissenschaftler:innen bewusst: "Es ist wirklich ein Kampf, weil wütende Menschen sich Luft machen wollen, aber unsere Forschung zeigt, dass jedes gute Gefühl, das wir durch das Luftmachen bekommen, die Aggression verstärkt," räumt Bushman ein. Immerhin seien Methoden, die Wut in den Griff zu kriegen, leicht zugänglich und kostenlos. Entspannungsapps und kostenlose YouTube-Anleitungen könnten hier helfen. Und manchmal hilft es schon, einfach mal bis 10 zu zählen. ;-)

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung via eurekalert.org - Stand: 20. März 2024