Triggerwarnungen helfen nicht
Forschung: Warnungen vor sensiblen Inhalten führen kaum zum Abschalten. Dafür steigern sie die Erwartungsangst.
Triggerwarnungen, also Warnungen vor sensiblen Inhalten, die ängstigen, verstören oder retraumatisieren können, sind mittlerweile bei Filmen, Videos, Spielen oder sogar Büchern üblich. Aber können solche Warnungen wirklich schützen und die Betroffenen emotional auf solche Inhalte vorbereiten, wie die Befürworter:innen solcher Warnungen behaupten?
Eine aktuelle Analyse, die in der Zeitschrift Clinical Psychological Science veröffentlicht wurde, sagt nein.
Forscherin Victoria M. E. Bridgland von der Flinders University und ihre Kolleg:innen Jones und Bellet sind sogar überzeugt, dass Triggerwarnungen eher schaden als nutzen. Bridgland, Jones und Bellet hatten die Ergebnisse von 12 Studien über die Auswirkungen von Inhaltswarnungen analysiert und negative emotionale Reaktionen, das Vermeidungsverhalten und das Verständnis der Teilnehmenden verglichen. Die meisten dieser Studien umfassten eine Mischung aus Teilnehmenden, die ein Trauma überlebt hatten, und Personen, die keine traumatischen Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht hatten.
Trotzdem gucken, dafür mehr Angst haben
Die Auswertung zeigte, dass Triggerwarnungen kaum jemanden davon abhalten, sensible Inhalte zu konsumieren. In fünf Studien sahen sich die Teilnehmenden beunruhigende Inhalte in etwa gleich häufig an, unabhängig davon, ob sie eine Triggerwarnung erhalten hatten oder nicht.
Stattdessen scheinen die Warnungen aber die Erwartungsangst zu steigern, die eine Person vor der Betrachtung des Materials empfindet. In fünf Studien waren Teilnehmende, die Warnhinweise gelesen hatten, vor dem Ansehen von potenziell auslösendem Material ängstlicher als die, die keine Warnhinweise gelesen hatten.
Auch war der Leidensdruck von Testpersonen in verschiedenen Studien nach der Betrachtung von potenziell auslösendem Material derselbe, unabhängig davon, ob sie eine Warnung erhalten hatten oder nicht. In neun Studien hatten die Warnhinweise keinen Einfluss auf die Gefühle von Bedrängnis, Angst oder Beklemmung der Teilnehmenden nach der Betrachtung sensibler Inhalte.
Triggerwarnungen lindern den Stress nicht
"Bestehende veröffentlichte Forschungsergebnisse deuten fast einstimmig darauf hin, dass Triggerwarnungen den Stress nicht lindern", schreiben Bridgland und Kolleg:innen. "In der Tat warnen Triggerwarnungen (einschließlich der in den aktuellen Studien verwendeten) typischerweise vor den beunruhigenden Reaktionen, die sie hervorrufen können, erklären aber nicht, wie man diese Reaktionen reduzieren kann.“
Bridgland kritisiert, dass die durch Warnhinweise hervorgerufene Angst keine hilfreiche emotionale Vorbereitung sei und Triggerwarnungen kein Werkzeugkasten für psychische Gesundheit. Stattdessen brauche es mehr Strategien, die den Menschen an die Hand gegeben werden könnten.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 23. Oktober 2023