Über den Dächern von Jerusalem
Autorin: Anja Reumschüssel
In „Über den Dächern von Jerusalem” hat die Journalistin Anja Reumschüssel Fakten mit Fiktion, Vergangenes mit Aktuellem und symbolische Hoffnungsschimmer mit unverhohlener Schilderung der Realität vereint. Sie beschreibt stets beide Seiten des israelisch-palästinensischen Konfliktes ausgeglichen. Der Roman ist spannend und lässt sich gut lesen.
Der erste Teil des Geschichte spielt in der Vergangenheit zwischen 1946 und 1948 in Jerusalem. Erzählt wird die Geschichte von Tessa, einer Überlebenden der Shoah, die große Hoffnungen in das Wiedersehen mit ihrem bereits in Palästina lebenden Vater setzt, und Mo, einem Araber, dessen Vater bei einem Anschlag israelischer Terroristen auf das King David Hotel getötet wurde und der fortan für seine Mutter und seine jüngeren Geschwister sorgen muss. Tessa ist Jüdin, Mo ist Palästinenser. Trotz dieser augenscheinlichen Gegensätze entwickeln sie eine Freundschaft und widersetzen sich der gesellschaftlichen Norm. Beide verstehen die Anziehung nicht, die sie füreinander empfinden, und sind von Gewissenskonflikten geplagt, schließlich ist es die Zeit der Israelischen Staatsgründung, die im Arabischen Nakba, die Katastrophe, genannt wird.
Dann macht der Roman einen Zeitsprung ins Heute. Die 18-jährige Anat, die gerade ihren Wehrdienst in der israelischen Armee ableistet, trifft Karim, den jüngsten Sohn einer palästinensischen Familie aus dem Aida-Flüchtlingscamp. Er hilft ihr aus einer brenzligen Situation und sie bleiben in Kontakt.
Es wird schnell klar, wie schwierig ein gemeinsames Gespräch ist, weil es immerzu politisch wird.
Der Buchtitel „Über den Dächern von Jerusalem“ ist wörtlich, aber auch symbolisch zu verstehen. Der Roman bietet auch eine Portion Kitsch.
Ich denke, dass es wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, dass die Charaktere zwar fiktiv sind, das Setting aber sehr real ist. Und dass es immer mehrere Ansichten gibt und wie wichtig es ist, miteinander ins Gespräch zu kommen. Dies alles spricht Anja Reumschüssel in ihrem informativen Nachwort an.
*Erschienen bei Carlsen*
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Autorin / Autor: VFM - Stand: 22. Mai 2023