Sich zu Unrecht ungerecht behandelt fühlen
Studie: Gruppenzugehörigkeit beeinflusst Wahrnehmung
Fieberst du beim Fußballgucken auch immer so mit, dass du dich schnell aufregst über scheinbare Fehlentscheidungen und über einen Schiri, der Tomaten auf den Augen hat? Das ganze Meckern und Motzen über Fehlentscheidungen zu Ungunsten der eigenen Mannschaft ist allerdings oft unbegründet, zeigt eine aktuelle Studie von ForscherInnen der University of Queensland und des Queensland Brain Institute. Sie haben herausgefunden, dass Fans die Aktionen ihrer Mannschaft anders wahrnehmen als die Spielzüge gegnerischer Teams.
Im Rahmen des Experiments wurden die Testpersonen willkürlich in rote und blaue Teams aufgeteilt. In einer Wettbewerbssituation sollten sie nun die Schnelligkeit ihres und die des gegnerischen Teams beurteilen. Wenn die Testpersonen ihr Team sahen, reagierte ihr Gehirn anders als wenn sie die gegnerische Mannschaft im Blick hatten, und das ist nicht nur mit einfacher Voreingenommenheit zu erklären.
„Wir haben herausgefunden, dass sich die Testpersonen sehr schnell mit ihrer Gruppe identifizierten und durchweg der Meinung waren, dass die Bewegungen ihres Teams um Bruchteile einer Sekunde schneller waren als die des anderen Teams, auch wenn es sich tatsächlich um identische Bewegungen handelte“, sagte Dr. Molenberghs. Es gibt zwei mögliche Erklärungen: Entweder nehmen wir die Aktionen unserer Mannschaft tatsächlich anders wahr oder wir sehen die Aktionen als gleichwertig an, treffen jedoch eine bewusste Entscheidung darüber, dass unser Team schneller war, so Dr. Molenberghs.
Das Forscherteam wandte schließlich die funktionelle Magnetresonanztomographie an, um die Hirnaktivität eines jeden Teilnehmers während des Experiments zu messen. „Das Gehirn der Probanden, die sich stark mit ihrem Team identifizierten, reagierte auf die Aktionen von Teamkollegen anders als auf die Aktionen anderer Testteilnehmer. Entscheidend ist jedoch, dass wir während der Experiments keine unterschiedlichen Hirnreaktionen nachweisen konnten, wenn es um bewusste Entscheidungen ging. Das bedeutet, dass wir die Handlungen unseres Teams unbewusst anders wahrnehmen als die Handlungen anderer Mannschaften. Die Voreingenommenheit zugunsten unseres Teams scheint entgegen der landläufigen Meinung also tatsächlich unbewusst zu entstehen. „Wir entscheiden nicht, die Aktionen unserer Mannschaft besser zu beurteilen, weil sie die beste sei. Es ist vielmehr so, dass unser Gehirn aufgrund des Zugehörigkeitsgefühls die Handlungen unserer Teammitglieder wohlwollender beurteilt.
„Sollten wir demnächst also mal wieder der Meinung sein, die Schiedsrichter hätten sich gegen unsere Mannschaft verschworen, sollten wir im Kopf behalten, dass sich unser Zugehörigkeitsgefühl durchaus auf die Verarbeitung des Gesehenen auswirken könnte.“
Dr. Molenberghs ist der Meinung, dass diese Forschungsergebnisse weitreichende Auswirkungen haben. So könnten sie beispielsweise auch die Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht und Nationalität erklären. Denn die Studie weist darauf hin, dass wir das Handeln von Menschen, die nicht unserer Gruppe angehören, anders sehen – und was wir sehen, das glauben wir.
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung; - Stand: 2. März 2012