Ungesund ist beliebt

Forschungsteam untersuchte die Qualität von Rezepten aus Kochportalen

Burger mit Pommes

Wozu noch Kochbücher wälzen, wenn man mit wenigen Klicks zu seinem Lieblingsrezept findet? Nun, es könnte gesünder sein, nicht auf Online-Rezepte zu vertrauen, wenn man den Forschungsergebnissen eines internationales Forscherteams der Universitäten Regensburg, Wien und Northumbria glauben schenken mag. Sie haben über ein Jahr lang Daten hunderttausender Rezepte aus führenden Online-Rezeptportalen mit denen aus populären Kochbüchern und von Fertiggerichten aus dem Supermarkt verglichen und herausgefunden, dass die Online-Rezepte von allen drei Varianten am ungesündesten abschnitten.

Das Team um Prof. Dr. David Elsweiler, Professor für Informationslinguistik an der Universität Regensburg, verglich zunächst die Ernährungsmerkmale der auf der beliebten Online-Rezeptplattform „Allrecipes.com“ veröffentlichten Rezepte mit Rezepten aus den Kochbüchern des populären Kochs Jamie Oliver und den Rezepturen gängiger Fertiggerichte aus britischen Supermärkten. Zur Beurteilung des Gesundheitsfaktors eines Gerichtes wurden die von der Weltgesundheitsorganisation „WHO“ und der „UK Food Standards Agency“ veröffentlichten Ernährungsrichtlinien zu Grunde gelegt.

Im direkten Vergleich zeigte sich, dass die Online-Rezepte ungesünder sind als Rezepte aus populären Kochbüchern und auch ungesünder als die untersuchten Fertiggerichte. Nur sechs der insgesamt 5.237 analysierten „Allrecipes.com-Rezepte“ erfüllten die Empfehlungen der WHO für gesunde Ernährung vollständig. Die Empfehlungen für Nährwerte wie Fett, gesättigte Fettsäuren und Ballaststoffe wurden in den Onlinerezepten seltener eingehalten. Hinsichtlich des Zuckergehaltes – ein Kriterium das von Ernährungswissenschaftlern oft als Grund für Übergewichtigkeit in unserer Gesellschaft genannt wird – konnten die Wissenschaftler keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Rezeptquellen feststellen.

Die Forscher um Prof. Dr. Elsweiler untersuchten auch bestimmte Kategorien, wie beispielsweise „Frühstück“ oder „Nachspeisen“ von Internetrezepten. Dabei kam heraus, dass bestimmte Kategorien, wie z.B. „Beilagen“, signifikant gesünder sind als andere, wie z. B. „Abendessen“. Benutzer_innen fällt es offenbar auch schwer, die Gesundheitsmerkmale eines Rezeptes einzuschätzen: „In über 90 % der Fälle war es unseren 32 Probanden nicht möglich, korrekt festzustellen, in wieweit eine Kategorie in ‚Allrecipes.com‘ nun gesund oder ungesund ist“, erläutert Prof. Dr. Elsweiler.

*Ungesunde Rezepte werden deutlich besser bewertet*
Die umfangreiche Auswertung von über einer Million Ratings und Bookmarks in „Allrecipes.com“ zeigt noch ein weiteres Phänomen: ungesunde Rezepte werden nicht nur deutlich besser bewertet als gesunde, sondern auch deutlich häufiger von den Benutzer_innen kommentiert, gebookmarkt oder bewertet. Dieses Ergebnis hat laut den Forschern weitreichende Konsequenzen, vor allem, wenn man bedenke, dass gängige Empfehlungsansätze, wie beispielsweise die auf „Amazon“ verwendeten Algorithmen, darauf aufbauen, beliebte Gegenstände zu empfehlen. So werden ungesunde Rezepte durch derzeit verbreitete Empfehlungssysteme immer weiter verbreitet. Das Forscherteam um Prof. Dr. Elsweiler stellt in seiner Publikation eine neue Methode vor, mit der gesunde Rezepte besser bewertet werden können, ohne dabei die Präzision der Empfehlungen stark zu beeinflussen. Für die Gestaltung zukünftiger Rezept- und Nahrungsempfehlungssysteme werden die erzielten Forschungsergebnisse eine wichtige Rolle spielen.
Die Ergebnisse der Studie wurden auf der „World Wide Web Conference“ am 3. April 2017 in Perth vorgestellt und in der Zeitschrift „Frontiers in Public Health“ publiziert.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung