Lia, Simon und Marcin haben nichts gemeinsam. Vielleicht, dass sie in Stuttgart leben. Vielleicht, dass ihre Sozialstunden sie alle in dasselbe Altenheim geführt haben. Vielleicht, dass sie alle Dreck am Stecken haben - aber sonst auch nichts. Zumindest denken sie das, bis sie einander näher kennenlernen und wahre Freundschaft entsteht.

In „Unsere Zukunft flirrt am Horizont“, erschienen 2023 im cbt-Verlag, erzählt Adriana Popescu die Geschichte dreier Jugendlicher, welche sich in der Seniorenresidenz ‚Schattige Pinie‘ zum ersten Mal begegnen. Aus den Erzählperspektiven der drei Protagonist:innen erfahren wir etwas über ihre Vorurteile, persönlichen Schicksale und über das Ausloten zwischenmenschlicher Beziehungen. Alle Figuren haben ihr Päckchen zu tragen und schlagen sich trotz ihres schwierigen Umfelds durch. Sämtliche Erkrankungen und Umstände sind ungeschönt dargestellt, was den Roman inhaltlich besonders wertvoll macht. (Wichtig ist aus diesem Grund, die Triggerwarnungen der Autorin zu beachten.) Stellenweise hätte ich mir eine tiefgehendere Betrachtung der Erkrankungen gewünscht. Die Jugendlichen zeigen alle unterschiedliche Umgangsweisen mit ihrem Schicksal, was spannend zu betrachten ist, und machen im Laufe der Handlung alle eine Entwicklung durch.
Auch handelt es sich hier nicht um eine reine Liebesgeschichte: Popescu schreibt der Freundschaft einen großen Stellenwert zu, was mir persönlich sehr gut gefällt, da diese oft durch Romanzen in den Hintergrund gerückt wird. Denn letztendlich können sich enge Freundinnen als genauso wichtig erweisen wie Partnerinnen.

Der Schreibstil ist angenehm und ermöglicht ein flüssiges Lesen. Ab und an wird auf jugendsprachliche Ausdrücke zurückgegriffen, die ich als passend, natürlich und authentisch empfinde. Durch die wechselnden Erzählperspektiven bekommen wir verschiedene Blickwinkel auf Erlebnisse, die die Figuren miteinander teilen. Was kritisch zu betrachten ist, ist die Länge des Romans: Obgleich alle Szenen gelungen sind, scheinen mir über 500 Seiten für ein Jugendbuch, das nicht Fantasy ist, sehr lang.

Das Cover zeigt neben dem Titel in einem schönen Font ein Foto als Hintergrund, in dem ich eine Szene des Buchs wiedererkenne. Dennoch muss ich sagen, dass es mich, im Gegensatz zum Klappentext, nicht zum Kauf verleitet hätte, da es nicht heraussticht.

Kurzum gewährt Adriana Popescu auf eine gelungene Art und Weise tiefe Einblicke in das Leben dreier Jugendlicher, die zugleich unterschiedlicher und ähnlicher nicht sein können. Besonders schön ist das Beziehungsgeflecht zwischen Lea, Marcin und Simon, das sichtbar macht, dass man mit und ohne Liebesbeziehung füreinander da sein kann.


*Erschienen bei cbt*