Vergessen hat einen schlechten Ruf. Man vergisst seinen Rucksack, wichtige Termine oder den Geburtstag der besten Freundin. Krankheiten wie Alzheimer und Amnesie haben mit Vergessen zu tun. Und auch das Verdrängen von geschichtlichen Ereignissen, aus denen hätte gelernt werden sollen.

Dass Vergessen auch etwas Positives sein kann und sogar dem Gedächtnis hilft, hat Ben Storm von der University of Illinois in der Fachzeitschrift Current Directions in Psychological Science beschrieben. Trotz der ständig wachsenden Masse von Erinnerungen und Assoziationen ist das Gedächtnis in der Lage, immer mehr neue Erinnungen zu behalten und in einer Situation die passenden Informationen abzurufen. Das gelingt aber nur, weil nicht mehr benötigte Erinnerungen großzügig ausgemistet werden.

Der Forscher wollte herausfinden, wie das Zusammenspiel von Vergessen und Erinnern genau funktioniert und führte verschiedene Experimente dazu durch. Testpersonen sollten etwa eine Liste von Vogelnamen auswendig lernen. In einem zweiten Durchlauf bekamen sie eine Aufgabe, bei der nur die Hälfte der Vogelnamen gefragt war. Das führte dazu, dass die TeilnehmerInnen die andere Hälfte der Vogelnamen vergaßen. Eigentlich eine schlechte Sache, sollte man meinen. Aber je vollständiger ihnen die hier nicht gefragten Namen entfallen waren, desto besser konnten sie die aktuelle Aufgabe lösen. Für Storm zeigt das, dass Vergessen für die Problemlösung und das Gedächtnis eine wichtige Rolle spielen - im positiven Sinn.

Auch im Alltag macht Vergessen oft Sinn. Wer eine neue Handynummer hat, will sich schließlich nicht ständig an die alte erinnern. Und was bringt es, wenn man genau weiß, wo man das Fahrrad vorletzte Woche mal abgestellt hatte, wenn man es heute sucht.

Man muss dem Gedächtnis ab und zu mal ein Update gönnen, um es von nicht mehr gebrauchten und überflüssig gewordenen Erinnerungen zu befreien. Und wenn euch beim aktuellen Französisch-Vokabeltest immer nur die binomischen Formeln einfallen, die letzte Woche gefragt waren, dann seid ihr möglicherweise einfach zu schlecht im Vergessen. ;-)