Verhütungsprofis?
BZgA-Studie "Jugendsexualität 2015" bescheinigt jungen Leuten Verantwortungsbewusstsein
Immer jünger immer mehr Sex? Das ist ein Vorurteil, das auf heutige Jugendliche in keinster Weise zutrifft, wie die ersten Ergebnisse der aktuellen Studie "Jugendsexualität 2015" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt. "Annahmen, wonach immer mehr junge Menschen immer früher sexuell aktiv werden, bestätigen sich nicht", betont Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA. "Positiv ist auch zu sehen, dass eine feste Partnerschaft jungen Menschen beim ‘ersten Mal‘ wichtig ist."
*Einstieg ins Geschlechtsleben - kulturell unterschiedlich*
Während sexuelle Aktivitäten unter den 14-Jährigen insgesamt mit durchschnittlich sechs Prozent noch die Ausnahme sind, hat im Alter von 17 Jahren mehr als die Hälfte Geschlechtsverkehr-Erfahrung. Im Alter von 19 Jahren haben 90 Prozent der jungen Frauen deutscher Herkunft das "erste Mal" erlebt. Junge Frauen mit ausländischen Wurzeln sind im Alter von 21 Jahren zu gut zwei Dritteln sexuell aktiv geworden (70 Prozent). Für junge Männer gilt dies erst zwei bzw. drei Jahre später.
Das Fehlen des oder der "Richtigen" ist unabhängig von Geschlecht und Herkunft der Hauptgrund für Zurückhaltung. Für Mädchen und junge Frauen aus Migrantenfamilien spielen daneben moralische Bedenken eine wichtige Rolle. Beispielsweise geben 28 Prozent das Motiv "vor der Ehe finde ich das nicht richtig" als Grund für die sexuelle Zurückhaltung an. Bei Mädchen und junge Frauen deutscher Herkunft trifft das in vier Prozent zu.
Für Mädchen und junge Frauen mit Migrationsgeschichte ist bis ins Erwachsenenalter hinein ein anderes Motiv relevant: die Angst, "dass die Eltern davon erfahren" (20 Prozent). Dieses Argument teilen Mädchen und junge Frauen aus deutschen Elternhäusern in jüngeren Jahren, mit zunehmendem Alter ist es weniger von Bedeutung.
*Verhütungsbewusstsein deutlich verbessert*
Positiv hebt der Bericht hervor, dass das Verhütungsverhalten der 14- bis 17-Jährigen ausgesprochen umsichtig ist. Über 90 Prozent der sexuell aktiven jungen Menschen sprechen mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin über Verhütung. Wie sehr sich das Verhütungsverhalten verbessert hat, zeigt der Langzeitvergleich, der für deutsche Jugendliche vorliegt: 1980 trafen 29 Prozent der Jungen und 20 Prozent der Mädchen keine Verhütungsvorkehrungen beim "ersten Mal", heute sind es nur noch sechs bzw. acht Prozent.
Für Jugendliche mit Migrationshintergrund ist ein Trendvergleich für die vergangenen zehn Jahre möglich. Bei Jungen mit ausländischen Wurzeln ging die Zahl Nichtverhütender beim "ersten Mal" von 34 Prozent in 2005 auf heute zehn Prozent zurück, bei den Mädchen von 19 Prozent auf zwei Prozent. "Es ist eine ausgesprochen erfreuliche Entwicklung, dass Jugendliche schon bei den ersten Sexualkontakten ganz besonders auf das Schutzverhalten achten", erklärt Dr. Thaiss. Das Kondom ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit deutlichem Abstand das Verhütungsmittel Nummer eins beim "ersten Mal". 73 Prozent der 14- bis 25-Jährigen geben dies an.
*Wer klärt auf?*
"Das Elternhaus spielt bei der Sexualaufklärung eine wichtige Rolle. Eltern sind für ihre Kinder wichtige Vertrauenspersonen und eine zentrale Beratungsinstanz in Verhütungsfragen," sagt Dr. Thaiss. Je nach Herkunft leisten Eltern unterschiedliche Aufklärungsarbeit: Aktuell sprachen 63 Prozent der Mädchen und 51 Prozent der Jungen deutscher Herkunft mit ihren Eltern über Verhütung, aber nur 41 Prozent der Mädchen und 36 Prozent der Jungen aus Elternhäusern mit Migrationshintergrund.
Aber auch der Institution Schule kommt eine wichtige Aufgabe zu: Im Schnitt geben 93 Prozent der Jugendlichen an, Themen der Sexualaufklärung im Unterricht besprochen zu haben. Auf die Frage nach der wichtigsten Bezugsperson im Rahmen ihrer Aufklärung gefragt, nennen Jungen Lehrer und Lehrerinnen an erster Stelle. Lehrer und Lehrerinnen sind gerade für Jugendliche mit Migrationshintergrund wichtige Bezugspersonen, weil ihnen vielfach die Eltern als Ansprechpartner fehlen.
*Wer wurde wie befragt?*
Im Zeitraum Frühjahr bis Sommer 2014 wurden im Auftrag der BZgA für die Studie 5.750 Interviews bundesweit geführt. 3.500 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren sowie deren Eltern und 2.250 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren wurden zu ihrer Einstellung und ihrem Verhalten zu Fragen der Sexualität und Verhütung befragt. 1.750 davon mit Migrationshintergrund. Damit sind Jugendliche und junge Erwachsene gemeint, die selbst nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder bei denen mindestens einer der Elternteile bei Geburt nichtdeutscher Staatsangehöriger war.
Quelle:
Autorin / Autor: Pressmeitteilung BZgA / Redaktion - Stand: 13. November 2015