Versteckte Bildbotschaften
Wahlkampf-Bilder: Subtle backdrop cues (SBCs), also subtile Elemente in Darstellungen von Volksvertreter_innen, sollen eine ideologische Botschaft übermitteln. Ob das funktioniert, haben Wissenschaftler_innen aus München und Wien untersucht.
Hier ein Hirschgeweih im Hintergrund und ein Deutschlandfähnchen. Dort eine an die Wand gelehnte Gitarre und ein Regenbogenaufkleber. Kleine Elemente in Bildern von Politiker_innen und Wahlkampfmaterialien, ob inszeniert oder nachträglich hinzugefügt, sollen Signale setzen, für welches politische Programm sich der oder die Kandidat_in stark macht. Aber kommt das bei den Betrachter_innen überhaupt an und werden sie davon tatsächlich beeinflusst?
Weil solche subtilen Bildbotschaften längst Praxis in der politischen Kommunikation sind und es auch reichlich Literatur dazu gibt, war Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Viorela Dan überrascht, dass es noch keine empirische Untersuchung zu diesen Fragen gibt. Die Wissenschaftlerin von der Uni München (LMU) hat darum zusammen mit ihrem Kollegen Florian Arendt von der Uni Wien ein Experiment durchgeführt, bei dem sie rund 350 Probanden mit Twitter-Botschaften eines erfundenen Politikers konfrontierten, der angeblich für seine Wiederwahl wirbt.
*Welche Fahne weht im Hintergrund?*
Präsentiert wurde auf Bildern ein gewisser "Peter Behrens" im Wahlkampfmodus. Peter Behrens wurde den Testpersonen beispielsweise auf einem Sommerfest präsentiert - mal wehte ganz konservativ im Hintergrund eine Deutschlandflagge, mal wurde dem Bild stattdessen eine Europaflagge hinzugefügt. Ein anderes Foto zeigt Behrens in seinem angeblichen Büro bei einem vermeintlichen Interview - im Hintergrund ein Bild von seiner Frau - einmal als Heimchen am Herd, einmal als berufstätige Frau bei der Arbeit. Die verbale Botschaft bei den Fotos war jedes Mal gleich, z.B. „Superstimmung“ beim Sommerfest und „spannendes Gespräch zu meiner Agenda für die nächsten vier Jahre“ zum Bild der Interviewsituation.
Die Testpersonen sollten nun angeben, welchem politischen Lager sie Peter Behrens zuordneten, ob sie die kleinen Zeichen wahrgenommen hatten und auch wie sehr sie mit der jeweiligen politischen Ausrichtung sympathisierten.
Das Ergebnis war deutlich: die Teilnehmenden hatten die subtilen Botschaften verstanden und ordneten den vermeintlichen Politiker auch der dazugehörigen politischen Richtung zu. Wenn das auch ihrer eigenen politischen Ausrichtung entsprach, gaben sie an, diese Person wählen zu wollen.
*Subtle backdrop cues zahlen sich aus*
Die Forscher_innen schließen daraus, dass sich solche subtilen Botschaften auszahlen und eine direkte Wirkung auf die Betrachtenden haben können.
Für euch bedeutet es, genau hinzusehen, etwa wenn ihr Politiker_innen oder ihre Parteien nicht kennt und nicht genau wisst, was dahintersteckt. Sucht in den Broschüren, Facebook-Auftritten und Materialien nach den verborgenen Hinweisen ;-). Für die Politiker_innen könnte es aber auch heißen: statt verborgene Bildbotschaften bitte Klartext sprechen.
Die Ergebnisse sind im Fachjournal The International Journal of Press/Politics 2020 erschienen.
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 24. August 2020