Wachsames Immunsystem
Studie: Videos mit Erkältungssymptomen aktivieren Hirnregionen und lösen Immunantwort aus
Lachen ist ansteckend, das ist gut! Erkältungsviren hingegen will niemand in seiner Nähe, darum reagieren wir wohl so empfindlich darauf, wenn jemand in unserem Umfeld niest oder hustet. Eine neue Studie fand jetzt heraus, dass Personen, die Videos mit niesenden oder kranken Menschen ansehen, tatsächlich eine gesteigerte Aktivität in bestimmten Hirnregionen aufweisen, die eng mit dem Immunsystem verbunden sind und es steigt auch die Antikörperkonzentration im Speichel.
Im Laufe der Menschheitsgeschichte haben wir gelernt, dass übertragbare Krankheiten, wie Virusinfektionen der Atemwege, nicht ungefährlich sind und auch tödlich sein können. Die ständige Bedrohung durch die Übertragung von Krankheitserregern führte dazu, dass sich verschiedene Mechanismen des Immunsystems entwickelten – beispielsweise setzt der Körper Eiweiße frei, die Krankheitserreger im Körper abwehren.
Zusätzlich zu den rein körperlichen Reaktionen verfügen wir aber auch über ein Repertoire an verhaltensbezogenen Anpassungen, das so genannte Verhaltensimmunsystem. Dieses hilft, Gerüche oder sichtbare Anzeichen in der Umgebung als Hinweise auf Krankheitserreger zu erkennen und bewirkt, dass wir den Kontakt vermeiden und es löst Abneigung oder Ekel aus.
Wissenschaftlerinnen des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg haben nun in einer Studie Erkenntnisse zum Zusammenwirken der beiden Immunsysteme gewonnen. Zweiundsechzig Teilnehmende sahen sich kurze Videos an, die entweder Menschen mit oder ohne ansteckende Krankheitsanzeichen zeigten. Währenddessen wurde ihre Gehirnaktivität mithilfe funktioneller Magnetresonanztomographie gemessen.
Darüber hinaus untersuchten die Forscherinnen auch erste Abwehrreaktionen des Immunsystems. Dafür maßen sie die Freisetzung von sekretorischem Immunglobulin A (sIgA) im Speichel. SIgA ist der wichtigste Antikörper zur Bekämpfung von Krankheitserregern in den Atemwegen und wird normalerweise freigesetzt, wenn Erreger auf die Schleimhäute treffen. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass sIgA schon vorher als Reaktion auf Krankheitsanzeichen ausgeschüttet wird.
Die Wahrnehmung von niesenden und kranken Personen im Vergleich zu nicht ansteckenden Personen aktivierte eine Gehirnregion, die unter anderem an der Wahrnehmung physiologischer Reaktionen des eigenen Körpers beteiligt ist und die eine wichtige Schnittstelle zwischen Gehirn und Immunsystem darstellt, erklärt Studienautorin Dr. Esther Diekhof. Außerdem hätten die Testpersonen auch eine erhöhte Freisetzung des Antikörpes sIgA gezeigt. Dies zeige, dass die Aktivität in der betroffenen Gehirnregion die Immunantwort steuere und die Mundschleimhäute auf den zu erwartenden Erregerkontakt vorbereite, z.B. dann, wenn jemand in der Nähe niest.
„Im Gegensatz dazu zeigte die Amygdala – eine Gehirnregion, die an emotionalen Reaktionen wie Furcht und Angst beteiligt ist – eine erhöhte Aktivierung bei allen Videos, in denen Menschen zu sehen waren." Dies deute daruf hin, dass wir generell wachsam sind, wenn wir auf Menschen treffen, ergänzt Mitautorin Judith Keller. Beide Immunreaktionen zusammengenommen könnten Menschen helfen, mit Ansteckungsrisiken umzugehen, indem der Körper Gegenmaßnahmen aktiviert und den Organismus auf die erwartete Erregerbelastung vorbereitet. Also antwortet unser Immunsystem offenbar bereits, bevor ein Erreger in den Körper gelangt.
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Brain Behavior and Immunity“ veröffentlicht.
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 4. März 2025