Wahrheit schmeckt wie Mokkatorte
Autorin: Christina Michels
ab 14 Jahren
Rinnies beste Freundin Vroni hat mal wieder Stress mit ihrem Freund. Und obwohl Rinnie nicht einmal weiß, wer er ist, beschließt sie aus Übermut und Solidarität zu ihrer Freundin heraus, ein Zeichen zu setzen: Sie bastelt ein Banner und hängt es in der Nähe des Stalls auf, in dem Vronis Freund, ein Reiter, sein Pferd stehen hat. Kaum hängt das Banner, kreuzt auch schon ein gutaussehender Typ zu Pferd auf, doch dann passiert die Katastrophe: Das Banner löst sich und wird vom Wind zu Boden gezerrt, das Pferd scheut und wirft seinen Reiter ab, und Rinnie – die ist total überfordert mit der blutenden Kopfwunde des Jungen und ihrer eigenen Schuld, sodass sie einfach davon läuft.
Sie schafft es zwar, ihrer unmittelbaren Entdeckung zu entkommen, doch die Schuld verfolgt sie weiter: In der Schule erfährt sie, wer der Reiter war, und dass er mittlerweile mit einem Schädel-Hirn-Trauma auf der Intensivstation liegt. Sie entscheidet sich, ihn zu besuchen, obwohl sie ständig damit rechnet, dass jemand herausfinden könnte, dass sie es war, die den Unfall ausgelöst hat. An seinem Bett dann jedoch die Überraschung: Der unbekannte Reiter erkennt sie nicht, er kann sich an nichts erinnern. Außerdem ist er querschnittsgelähmt – möglicherweise für immer. Einerseits ist Rinnie erleichtert, andererseits weiß sie, dass sie dieses Spiel nicht für immer weiterspielen kann. Sie beschließt, die Wahrheit zu sagen – nur eben nicht gleich, sondern morgen… Oder doch am Tag danach?
Die Erzählung ist geprägt von einem klassischen Zwiespalt: Soll Rinnie die Wahrheit sagen? Oder soll sie lieber die sich entwickelnde Romanze zwischen ihr und dem unbekannten Reiter schützten, sich selbst schützen? Denn natürlich hat sie sich verliebt, sie fühlt sich dem nun an den Rollstuhl gefesselten Jungen verpflichtet und verbringt mehr und mehr Zeit im Krankenhaus. Diese Liebesgeschichte steht im Zentrum, wirkt wenig originell und eher plump erzählt. Kapitel für Kapitel geht es darum, dass Rinnie sich nur noch einen weiteren Nachmittag, einen weiteren Abend, eine weitere Woche mit der Lüge gönnen will. Wie in so vielen anderen Jugendbüchern definiert sich die Protagonistin leider nur über den charmanten Typ mit den dunklen Augen und dem muskulösen Oberkörper, dessen Aufmerksamkeit und Herz sie um jeden Preis gewinnen will. Eine weitere Schwachstelle ist die zu sehr gewollte jugendliche Ausdrucksweise des Buches: Niemand sagt „Whatsie“ wenn er eine Whatsapp-Nachricht meint. Grobe Schnitzer wie dieser nehmen der sprachlichen Gestaltung ihre Glaubwürdigkeit und geben den Konversationen einen hölzernen Charakter.
Einzig positiv fand ich, dass es durchaus die eine oder andere Wendung gibt, die unerwartet kommt, und das Buch somit durchaus unterhaltsam, nicht jedoch spannend macht. Insgesamt wirkt das gesamte Buch auf mich wie ein typischer Pferderoman für 12-jährige Mädchen, leicht verdaulich und mit einem männlichen Hauptcharakter, von dem man selbst träumen kann.
*Erschienen im Magellan-Verlag*
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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 11. Juli 2016