Was Familien und Paare zusammenhält
Metastudie: Geistige Flexibilität und Achtsamkeit sind Schlüsselfaktoren für Beziehungsglück
„Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich“, schrieb Leo Tolstoi 1878 in den einleitenden Zeilen von Anna Karenina.
Eine Meta-Studie von Forscher_innen an der University of Rochester lässt vermuten, dass Tolstoi mit diesem Satz wohl ziemlich richtig lag. Denn offenbar gibt es wirklich etwas, was Familien, aber auch romantische Beziehungen stabil und dauerhaft macht. Die Studie, die im Journal of Contextual Behavioral Science veröffentlicht wurde, ist eine statistische Auswertung von 174 separaten Studien, die sich mit Akzeptanz- und Bindungstherapie, Achtsamkeit und Gefühlsregulierung befasst hatten.
Die Forscher_innen hatten insbesondere herausfinden wollen, wie Achtsamkeit und emotionale Flexibilität und das Gegenteil davon, nämlich eine unaufmerksame und starre Inflexibilität sich auf das Gefüge innerhalb von Familien und Beziehungen auswirken.
"Vereinfacht ausgedrückt", so Co-Autor Ronald Rogge von der Universität Rochester, "unterstreicht diese Metaanalyse, dass achtsame und emotionale Flexibilität in schwierigen und herausfordernden Situationen nicht nur das Leben von Einzelpersonen verbessert, sondern auch ihre engen Beziehungen stärken und bereichern könnte".
*Erfahrungen annehmen, langfristige Ziele verfolgen*
Psychologische Flexibilität ist definiert als eine Reihe von Fähigkeiten, die Menschen einsetzen, wenn sie schwierigen Gedanken, Gefühlen oder Erfahrungen ausgesetzt sind. Als flexibel gilt beispielsweise, wer sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen annehmen kann, wer sich das Hier und Jetzt bewusst macht, in schwierigen Situationen eine Perspektive aufrecht erhalten und auch nach Rückschlägen Ziele verfolgen kann.
Das Gegenteil davon bedeutet, dass man schwierige Gedanken und Erfahrungen meidet, unaufmerksam durch das Leben geht, im Stress und Chaos des Alltagslebens die tieferen Prioritäten aus den Augen verliert und sich durch Rückschläge und schlechte Erfahrungen leicht aus der Bahn werfen lässt. Das verhindert auch, dass langfristige Ziele verfolgt werden.
Sind etwa Eltern psychologisch flexibel, neigen sie weniger zu harten, zu laxen oder zu negativen Erziehungsstrategien. Sie fühlen sich zudem weniger von ihren elterlichen Aufgaben gestresst und so entsteht ein größerer Familienzusammenhalt. In romantischen Beziehungen führt fehlende Flexibilität den Forschenden zufolge zu größeren negativen Konflikten, Vermeidung von Bildung, Aggression und geringerer sexueller Befriedigung.
Die Ergebnisse der Meta-Studie deuten darauf hin, dass psychologische Flexibilität und Inflexibilität sowohl in Paaren als auch in Familien eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Art und Weise spielen können, wie Einzelpersonen mit den ihnen am nächsten stehenden Menschen interagieren, schreiben die Forscher.
*Filme gegen Beziehungsstress*
Tatsächlich gibt es Methoden, diese Flexibilität wieder stärker in familiären oder romantischen Beziehungen zu verankern. Rogge hatte in vorausgegangen Untersuchungen gezeigt, dass das gemeinsame Sehen und Diskutieren von Filmen über Paare dazu führen könne, sinnvolle Beziehungsdiskussionen zu entfachen. Der Studie von 2013 zufolge sei dieser „Watch-and-talk“ Ansatz genauso wirksam und kostengünstiger als der Gang zur Paartherapie.
Wenn es also in euer Beziehung oder in der Familie mal wieder knirscht, habt ihr ein gutes Argument euch gemeinsam vor die Glotze zu schmeißen und ein paar Beziehungs- oder Familienfilme anzuschauen und euer eigenes Verhalten im Lichte dieser Darstellungen mit den anderen Konfliktparteien zu diskutieren. Möge es helfen 😉.
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Autorin / Autor: Redaktion