Was bewegt muslimische Jugendliche? Wie denken sie über ihre Zukunft nach? Was bedeutet ihnen ihre Herkunft? Wie blicken sie auf Deutschland? Wie gehen sie mit Zuschreibungen um, wie entsteht Heimat, was prägt Identitäten? Die Bundeszentrale für politische Bildung schickt ab sofort für zwei Jahre eine Ausstellung auf Tour, die Schülerinnen und Schüler, aber auch alle anderen einlädt, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Fünf Jahrzehnte nach den Anwerbeabkommen mit der Türkei, Marokko und Tunesien, fragt erstmals ein großes Ausstellungsprojekt nach den muslimischen Jugendlichen, die heute hier leben.
*Wie könnte eine Gesellschaft aussehen, die alle mitmeint*
Die aufwendige Schau verfolgt vor allem ein Ziel: Sie will dazu einladen, ins Gespräch zu kommen und zum Nachdenken anregen. Über das was Muslimen von außen zugeschrieben wird, über das, womit sie sich selbst identifizieren und über die Frage, wer eigentlich das „Wir“ ist, über das unsere Gesellschaft spricht? Wer wollen „wir“ sein? Wer soll dazu gehören, und wie könnte eine Gesellschaft aussehen, die alle mitmeint. Das sind Fragen, die sich nicht nur an Muslime richten, sondern an alle. Entsprechend wendet sich die Ausstellung an Muslime und Nichtmuslime gleichermaßen.
*Für SchülerInnen ab der fünften Klasse*
Die Ausstellung wurde konzipiert für SchülerInnen aller Schulformen ab der fünften Klasse und enthält schwerpunktmäßig Videoporträts, Comics und Animationsfilme. An interaktiven Stationen können die SchülerInnen selbst Filme produzieren, Fragen stellen und Kommentare hinterlassen. Die Ausstellung wird so zu einem stetig wachsenden Projekt, das die BesucherInnen mitprägen. Die Meinungen der SchülerInnen zu den Ausstellungsthemen werden auch im begleitenden Internet-Auftritt www.wasglaubstdudenn.de ausgestellt. Und weil SchülerInnen Gleichaltrigen oft besser solche Inhalte vermitteln können, sind sie es auch, die durch die Ausstellung führen.
*Muslime und Muslimas stellen sich in der Ausstellung vor*
Die Bundeszentrale für politische Bildung realisierte die Ausstellung unter anderem in Zusammenarbeit mit der Comiczeichnerin tuffix (Soufeina Hamed, Berlin), der Künstlerin Seren Başoğul, den Dokumentarfilmern Libellulafilm und dem Animationsfilmer Stefan Matlik. Sie bietet denen eine Bühne, die dort auftreten: Muslimen und Muslimas, die sich in der Ausstellung vorstellen, aber auch allen künftigen BesucherInnen.
*Menschen, Wissen und Vorstellungen*
Die Präsentation gliedert sich in drei große Abteilungen. Im Zentrum der ersten Abteilung "Menschen" stehen sieben junge Muslime und Muslimas, die sich selbst vorstellen und über sich reflektieren: über Familie und Heimat, Liebe und Zukunft, Religion und Freundschaft, Politik und Sport, Leidenschaft und Mode, Musik und Identität. Die BesucherInnen werden auch mit ihren eigenen (möglichen) Vorannahmen konfrontiert. Kann man sehen, wer Muslim ist? Die Künstlerin Seren Başoğul hat 30 Personen porträtiert, die in kurzen Statements darüber Auskunft geben, was ihnen im Leben wichtig ist. Religion und Religiosität erscheinen hier, wie generell in der Ausstellung, nur als eine von vielen Facetten der Identität. Eine zweite Foto-Arbeit führt vor Augen, wie unsere Wahrnehmung von Frauen mit deren Kopfbedeckungen variieren kann.
Die zweite Abteilung, "Wissen", führt mit Animationsfilmen und interaktiven Installationen in zentrale Themen ein: Was ist eigentlich Religion? Wie vielfältig sind islamische Positionen? Und wie entsteht Muslimfeindlichkeit und religiöser Extremismus? An einer interaktiven Geschichtswand, die im Internet stetig erweitert wird, können Gruppen wie Einzelbesucher ihre Perspektiven auf die jüngere Geschichte diskutieren und hinterlassen.
Die letzte Abteilung, "Vorstellungen", beschäftigt sich mit den Bildern, die wir uns permanent voneinander machen - Nichtmuslime von Muslimen und umgekehrt, Nichtmuslime von Nichtmuslimen, Muslime von Muslimen, kurz: alle von allen. Fünf Comics der Zeichnerin tuffix (Soufeina Hamed) zeigen, wie solche Vorstellungen das Handeln prägen - und führen zur Frage, welche Alternativen denkbar sind.
Die Ausstellung wurde angeregt durch das Bundesministerium des Innern und spiegelt auch Themen und Debatten wieder, die in der Deutschen Islam Konferenz diskutiert wurden. Die Realisierung erfolgte durch die Bundeszentrale für politische Bildung nach den Grundsätzen der Unabhängigkeit, Überparteilichkeit, Kontroversität und orientiert an den Interessen der Menschen, die die Ausstellung erreichen soll.
Ein interdisziplinär besetzter Beirat hat die Realisierung begleitet. Darüber hinaus wurde die Beratung des Jüdischen Museums Berlin in Anspruch genommen, sowie die Beratung vieler unterschiedlicher Personen (z.B. Mitglieder der Jungen Islamkonferenz) bei der Konzeption berücksichtigt. Die Ausstellung soll zunächst für zwei Jahre touren und bundesweit an Schulen unterschiedlicher Schulformen gezeigt werden.
Autorin / Autor: Pressemitteilung/Redaktion - Stand: 19. Juni 2013