Was hat Sicherheitspolitik mit unserem Alltag zu tun?
Klimakrise, FakeNews, Pandemie - Esma hat am Jugendforum Sicherheitspolitik 2021 teilgenommen und berichtet von ihren Eindrücken
Als ich die Instagram-Story des Journalisten Malcolm Ohanwe mit der Einladung zum Jugendforum Sicherheitspolitik (JuFo SiPo 2021) gesehen habe, dachte ich, wie viele andere auch, zunächst an bewaffnete Konflikte und Militäreinsätze außerhalb Deutschlands… Doch die Aufzählung der Themenblöcke überraschte: Neben den erwarteten Themen wie Sicherung der Handelswege und Möglichkeiten der Konfliktlösung sollte es nämlich auch um Klimawandel, Fake News und Pandemie gehen, Themen also mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden. Dazu lud die Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V. und das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung erstmals 100 Schüler_innen, Auszubildende und Studierende nach Berlin ein, um speziell Personen mit wenig Vorwissen die Möglichkeit zu geben, etwas über Sicherheitspolitik zu lernen und sich mit anderen über die unterschiedlichen Herausforderungen auszutauschen. Die Chance, junge Menschen mit verschiedenen schulischen, sozialen und politischen Hintergründen aus ganz Deutschland kennenzulernen, und gemeinsam mit ihnen Herangehensweisen in der Sicherheitspolitik zu erarbeiten, wollte ich mir nicht entgehen lassen und habe mich daher für die JuFo SiPo 2021 angemeldet.
Workshop 1: Klimakrise und Migration
Seit einigen Jahren und speziell während der Bundestagswahlen war und ist die Klimakrise ein wichtiges Thema. Doch während es für viele hier noch als ein Problem der Zukunft gilt, sind andernorts die Konsequenzen bereits spürbar. Naturkatastrophen und Wassermangel als Folge von Klimaveränderungen erschweren das Überleben in einigen Regionen der Welt und zwingen die Menschen zur Flucht.
Unter der Leitung von Dr. Kira Vinke und Stefanie Wesch vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung schlüpften wir beispielsweise in die Rollen von Familien aus Usbekistan und Tadschikistan, um zu diskutieren, welche Auswirkungen die Klimakrise hat und was sowohl vor Ort als auch in Europa getan werden kann, um die Probleme zu lösen. Neben großen Maßnahmen, die viel Aufwand erfordern, war es wichtig, sich zu merken, dass globaler Wandel mit lokalem Handeln startet. So sollten wir alle unseren Teil tun, um unseren persönlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Workshop 2: Fake News und Hybride Bedrohung
Das Internetzeitalter ist das Zeitalter, in dem Informationen schneller und weiter gestreut werden können als jemals zuvor. Viele Menschen beziehen ihre Nachrichten daher - teilweise auch ausschließlich - aus den sozialen Medien. Das macht sie umso angreifbarer für sogenannte Desinformationskampagnen. Diese Methode der hybriden Bedrohung bezeichnet die gezielte Verbreitung von falschen Informationen, um Menschen zu manipulieren. Wie können wir solche Desinformationen erkennen und uns somit vor dieser modernen Form des Angriffs schützen? Noemi Mensing (Social Media des Bundeskriminalamts) und Lorenz Lehmhaus (Head of Communications für das KI-Startup Aleph Alpha) zeigten einige Beispiele solcher Fake News, wobei es nicht immer einfach war, zu entscheiden, ob es sich um Fake News oder doch nur Satire handelt. In Gruppenarbeit diskutierten wir dann, welche Hinweise helfen können, diese zu identifizieren. So kann man beispielsweise darauf achten, wer die Information erstmals in die Welt setzte, ob der Post von einem verifizierten Account stammt und inwiefern der Post im Hinblick auf Format, Rhetorik und Logik als kredibel erscheint - wobei zugegeben werden muss, dass auch diese Methoden an gewissen Ex-Präsidenten scheitern, die auch ihre nicht-alternativen Fakten auf sehr alternativem Weg präsentieren ;-)
Workshop 3: Resilienz und Pandemie
Amelie Stelzner (Referentin für Bundeswehr und Gesellschaft) und Daniela Braun (Referentin für die Konrad-Adenauer-Stiftung) gaben eine kurze Einführung in die Geschichte der Epidemien wie die SARS-Epidemie 2002/03 oder Ebola in Westafrika 2014/15 und deren Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Sicherheitspolitik. Es war interessant zu sehen, wie sich die Auswirkungen von COVID-19 im Vergleich zu den vorigen unterscheiden und vor allem deshalb wichtig, COVID-19 im Hinblick auf die Relevanz des Entstehungsortes und die schnelle Ausbreitung in der immer globalisierteren Welt in den geschichtlichen Kontext der Pandemien zu setzen.
In Gruppenarbeit erarbeiteten wir mögliche Lehren, die aus dem Leben mit COVID-19 gezogen werden sollten und welche Empfehlungen wir an die Bundesregierung für den Umgang mit dem Thema Pandemien und Resilienz aussprechen würden. Angesichts dessen, dass wir alle Digital Natives waren, ist es wenig überraschend, dass sich unter anderem der Wunsch nach einer besseren und vor allem einheitlicheren Nutzung der digitalen Mittel herauskristallisierte.
Workshop 4: Sicherung der Handelswege
Als im März 2021 die Ever Given am Suezkanal strandete und somit den Weg zwischen Rotem Meer und Mittelmeer blockierte, wurde die Bedeutung der Seewege als Handelsrouten in das Bewusstsein der Allgemeinheit gerufen und zeigte uns, wie selbstverständlich es normalerweise für uns ist, dass unsere Bestellungen innerhalb weniger Tage bis Wochen mehrere tausend Kilometer zurücklegen. Dr. Sophie Eisentraut (Senior Policy Adviser und Senior Researcher der Münchener Sicherheitskonferenz) und Fregattenkapitän Markus Fischer nutzten ihren Workshop, um die Bedeutung des freien Seehandels für Deutschland als Exportnation zu betonen. Zudem ermutigten sie uns Teilnehmende, Argumente bezüglich maritimer Sicherheit aus Sicht verschiedener Interessengruppen wie beispielsweise des Verbands Deutscher Reeder zu diskutieren.
Workshop 5: Möglichkeiten der Konfliktlösung
Brauchen wir wirklich eine Armee, und kann Militär überhaupt Frieden bringen? Dieser und vieler weiterer Fragen konnten die Teilnehmenden in dem Workshop zur Konfliktlösung mit Jessica Nies und Jugendoffizier Hauptmann Jan Czarnitzki nachgehen. Mithilfe eines Planspiels diskutierten Gruppen als Repräsentation von vier verschiedenen fiktiven Ländern, wie sie Konflikte und Probleme innerhalb und außerhalb ihres eigenen Landes lösen können. Erfreulicherweise waren sich hier alle Repräsentant_innen – abgesehen diejenigen des totalitären Staates natürlich – einig, dass diplomatische internationale Kooperation und Gründung einer Union der erste Schritt für Frieden ist.
Sicherheitspolitik betrifft uns alle
Im Anschluss an die jeweiligen Workshops ermöglichten die Townhalls unter der Moderation von Dr. Johannes Wimmer eine weitere Vertiefung der Themen. Hier konnten weiteren Expert_innen wie beispielsweise Kerstin Petretto (Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.), Klaus Pokatzky (Medientrainer für die Bundeswehr) und Mirko Drotschman (MrWissen2go) Fragen zu den jeweiligen Herausforderungen gestellt werden.
Somit war das Jugendforum für Sicherheitspolitik für mich eine einzigartige Chance, um nicht nur mit diversen Expert_innen, sondern auch mit Teilnehmenden aus unterschiedlichen Hintergründen in Bezug auf Bildung und politische Meinung in den Austausch zu treten. Über stets interaktive und teils sehr unterhaltsame Formate konnten wir einen Einblick in die verschiedenen Themen als sicherheitspolitisches Handlungsfeld gewinnen, und ich kann die Teilnahme allen nur ans Herz legen, denn Sicherheitspolitik betrifft uns alle – direkt und auch im Alltag!
Schaut euch mal auf der Seite um
Autorin / Autor: Esma Gelis - Stand: 2. November 2021