Was machst du da eigentlich?
Studie untersuchte, was Eltern und Kinder sich gegenseitig bezogen auf ihre Online-Aktivitäten vorwerfen
Viele von euch kennen die immer gleichen Gepräche mit den Eltern, bei denen es darum geht, wie schädlich das Surfen im Internet sein kann, was einem dort Unliebsames begegnen und passieren wird und welche Auswirkungen das auf die Psyche haben kann. Doch die Risikoeinschätzung von Eltern und ihren Kindern liegt ziemlich weit auseinander, so die Ergebnisse der repräsentativen EU Kids Online-Befragung in Deutschland, die das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) erstellt hat.
*Unterschiedliches Risikoverständnis*
Besonders in Bezug auf den Kontakt mit sexuellen Inhalten im Netz unterscheiden sich die Einschätzungen der Eltern deutlich von den tatsächlichen Erfahrungen ihrer Kinder. 54 Prozent der befragten 12- bis 17-Jährigen sind im letzten Jahr mit sexuellen Darstellungen in Form von Texten, Fotos oder Videos in Berührung gekommen – meistens über das Internet. 37 Prozent davon haben diese sogar gezielt ausgewählt. Was Eltern als Risiko wahrnehmen, scheint für die Jugendlichen aber oft gar nicht schlimm, sondern eher attraktiv zu sein: 61 Prozent der Jungen finden Gefallen an sexuellen Inhalten.
„Kinder haben in manchen Punkten ein anderes Risikoverständnis als Erwachsene. Während Eltern sich beispielsweise sorgen, dass ihr Kind mit sexuellen Inhalten in Berührung kommt, zeigen die Ergebnisse, dass diese Inhalte nicht per se negativ sein müssen, sondern mitunter für Heranwachsende im Rahmen ihrer sexuellen Entwicklung auch eine Informations- bzw. Orientierungsfunktion erfüllen können“, sagt Prof. Dr. Uwe Hasebrink, Direktor des Leibniz-Instituts für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut.
*Eltern teilen sorglos Kinderfotos im Netz*
Was Jugendliche wiederum ärgert: Viele Eltern veröffentlichen oft ungefragt Kinderfotos, wofür es den Begriff Sharenting gibt. So berichten neun Prozent der befragten Kinder von 9 bis 17 Jahren, dass ihre Eltern, ohne sie zu fragen, Texte, Bilder oder Videos von ihnen ins Netz gestellt haben. Jeweils sechs Prozent waren verärgert über die veröffentlichen Informationen bzw. haben ihre Eltern darum gebeten, diese wieder zu löschen. Auch die Erwachsenen selbst scheinen sich der Auswirkungen ihrer Online-Aktivitäten also nicht immer bewusst zu sein. „Eine Sensibilisierung auch mit Blick auf die Rechte von Kindern wäre hier notwendig“, so Hasebrink.
*Es gibt nicht DIE Online-Erfahrungen*
Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass es keine einheitlichen Online-Erfahrungen gibt, sondern dass die Erfahrungen und Einschätzungen von der Entwicklungsphase, geschlechtsspezifischen Vorlieben und familiärem Hintergrund abhängen. „Kinder werden je nach Nutzungsverhalten mit unterschiedlichen Risiken konfrontiert und benötigen ein Set an verschiedenen Medienkompetenzen und Coping-Strategien, das sie flexibel einsetzen können und das ihnen hilft, die Potenziale des Internets zu nutzen und Herausforderungen im Netz souverän zu begegnen“, so Hasebrink in seinem Fazit.
*Informationen zur Studie*
Für die repräsentative Studie hat das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) 1.044 Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 17 Jahren sowie Eltern nach ihren Online-Erfahrungen befragt. Das Institut ist Teil des internationalen Forschungsverbundes EU Kids online. Unterstützt wurde die Studie von UNICEF sowie der Deutschen Telekom Stiftung, der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) und dem Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs).
Mehr zur Studie:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 2. Oktober 2019