Marie hat Werkstoffwissenschaften studiert und dabei alles Mögliche über Mechanik, Chemie, Verbundmaterialen, Korrosion und Bruchmechanik gelernt, aber auch, wie wenig wirklich recycelt werden kann - vor allem im Bereich Plastik. Heute betreibt Marie mit ihrer Kollegin Sophie ein Geschäft mit plastikfreien Produkten.
Marie, wie wird man Werkstoffingenieurin?
Mit Abitur kann man es direkt an der Uni studieren. Man kann auch Ingenieurwissenschaften studieren und sich dann in diese Richtung spezialisieren. Das Studium dauert im normalen Fall fünf Jahre bis zum Master und dann kann man auch zusätzlich eine Promotion anfangen.
*Was war deine Motivation für diesen Beruf?*
Gute Frage! Ich wollte schon immer in der Wissenschaft arbeiten, aber ich wusste nicht genau, in welchem Beruf, also habe ich Ingenieurwissenschaften studiert. Ingenieure sind Leute, die Probleme lösen, das gefiel mir! Dann habe ich die Werkstoffwissenschaften gewählt, denn das Studium ist sehr breit und man lernt eine Menge über die verschiedensten Themen. Außerdem gab es in meiner Uni ein internationales Programm, indem man 18 Monaten im Ausland verbringen kann, um ein europäisches Diplom zu bekommen. Das habe ich auch mitgemacht.
*Welche Fächer gibt es in dem Studium?*
Ich werde nicht lügen, es war viel Mathe… Alle Ingenieure brauchen eine solide wissenschaftliche Basis, bevor sie speziell für ihren Beruf lernen. Und das sind in dem Fall die Fächer Mathe und Physik. Für die Werkstoffingenieure kommen noch Mechanik, Chemie, Simulation und spezielle Fächer wie Metalle, Kunststoffe, Keramik und Glas, Verbundmaterialen, Korrosion, Bruchmechanik und Ermüdung dazu.
*Waren in deinem Studium noch mehr Frauen, oder warst du die einzige?*
Ich war keineswegs die Einzige! Wir waren ungefähr 40% Frauen während des Studiums und als ich meine Masterarbeit geschrieben habe, waren drei der vier Doktoranten auch Frauen. Also Mädels: keine Angst und losgehen ;-).
*In welchen Bereichen arbeiten Werkstoffingenieurinnen? Was machen sie genau?*
Werkstoffingenieurinnen sind in allen Branchen (Transport, Konsumgüter, Gebäude, Medizin, Neue Energiequellen) gefragt! Jedes Mal wenn etwas produziert wird, wird dafür ein Material benutzt und ein Ingenieur muss entscheiden:
• Welches Material nutzen wir?
• Wird das gewählte Material die Anforderungen (Stabilität, Festigkeit, Kosten, Umweltfreundlichkeit) erfüllen?
Wir helfen also dabei, dass die Flugzeuge leichter sind, dass die Solarpanelle effizienter werden, dass die Objekte länger halten und besser recycelt werden können.
*Welche besonderen Vorkenntnisse, Fähigkeiten und Interessen braucht man für diesen Beruf?*
Natürlich muss man an Wissenschaft interessiert sein. Aber man muss auch neugierig und kreativ sein. Das Ziel ist, sich neue Lösungen auszudenken und manchmal sogar Objekte und Konzepte zu ersinnen, die noch gar nicht existieren.
*Du hast ja jetzt ein Unternehmen gegründet, das umweltfreundliche Alltagsprodukte verkauft. Wie bist du auf diese Idee gekommen und welche Gründe standen dahinter?*
Während meines Studiums zur Werkstoffingenieurin wurde mir die Problematik von Einwegplastik-Produkten im Alltag bewusst. Bei meiner Ankunft in Berlin bemerkte ich, dass es einen Mangel an plastikfreien Geschäften gab und dass es wichtig wäre, entsprechende Produkte einer größtmöglichen Gruppe an Menschen zugänglich zu machen. So wurde Waste No More geboren…
*Stellt ihr auch Produkte selber her?*
Nein, wir arbeiten mit kleinen Produzenten, oft Familienunternehmen, die manchmal nur eine Produktsorte herstellen. Wir sind eine Art Drogerie, wo man nur umweltfreundliche Produkte und Kosmetik kaufen kann. Unser Ziel, ist dass die Leute nicht auf zehn verschiedenen Webseiten kaufen müssen, sondern dass sie alles bei uns finden.
*Gibt es für dieses Umweltbewusstsein Raum im Studium? Oder gibt es Zusammenschlüsse von Werkstoffingenieur_innen, die in die Richtung Nachhaltigkeit denken?*
Ja, es wird viel über Nachhaltigkeit geredet, aber auf einer anderen Ebene. Zum Beispiel helfen Verbundmaterialen, Autos und Flugzeuge leichter zu machen, damit sie wiederum weniger Kraftstoff brauchen. Recycling ist auch ein großes Thema, wir haben eine Trennanlage besichtigt. Aber wir lernen auch, wie wenig man tatsächlich recyceln kann – insbesondere Plastik. Ingenieure werden die Welt und die Ozeane leider nicht mit einer magischen Pille retten können. Wir müssen lernen, weniger zu konsumieren.
*Was wünschst du dir für die Weiterentwicklung dieses Berufs und für deine persönliche berufliche Karriere?*
Ich wünsche mir, dass mehr und mehr Leute von Waste No More hören werden. Unsere Zielgruppe sind nicht nur die Zero-Wastler, sondern jeder, der einen kleinen Betrag für die Umwelt leisten möchte, ohne dabei seinen Alltag groß zu verändern. Wir würden gerne in der Zukunft unser Sortiment erweitern, mit weiteren Produkten für Damenhygiene, Babys und für die Küche.
*Vielen Dank für dieses Interview!*
Autorin / Autor: Redaktion / Marie - Stand: 11. Juli 2019