Weißte Bescheid?!
Dunning-Kruger-Effekt beim Müsliriegel: Wer am wenigsten weiß, hält sich für hoch kompetent
Man sieht es bei Fußballweltmeisterschaften, wir erlebten es bei Corona und reiben uns auch bei den aktuellen Kommentaren zum Regierungshandeln und überhaupt zum politischen Weltgeschehen so manches Mal die Augen, wenn wir sehen, dass es plötzlich 80 Millionen Bundestrainer:innen, Virolog:innen und Politiker:innen gibt. Interessant dabei: Diejenigen, die am wenigsten wissen, halten sich oft für besonders kompetent; während jene, die über viel Wissen verfügen, ihre eigene Kompetenz eher unterschätzen. Das Phänomen ist als "Dunning-Kruger-Effekt"* bekannt und ist in vielen Bereichen zu beobachten. Ein Forschungsteam hat nun untersucht, inwiefern der Effekt auch im Bereich von Medien und Ernährung zu beobachten ist.
Rebecca Scheiber, Matthias Karmasin und Sandra Diehl vom Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Klagenfurt befragten für ihre repräsentative Studie tausend Personen und konfrontierten sie mit einer fiktiven Anzeige für einen vermeintlich gesunden Schoko-Müsli-Riegel. Die Anzeige warb damit, dass der Riegel besonders viele Proteine und wenig Kohlenhydrate enthalten sollte. Die Studienteilnehmer:innen bekamen dann die Aufgabe, seine Nährwerte einzuschätzen.
Das Ergebnis: Diejenigen, die am wenigsten darüber wussten, mit welchen Tricks Werbestrateg:innen ein ungesundes Produkt als gesund vermarkten, und die auch generell wenig über tatsächliche Nährwerte eines Müsliriegels wussten, überschätzten ihre eigene Lebensmittel- und Medienkompetenz am ehesten. Und auch der umgekehrte Effekt ließ sich bestätigen: Die gut Informierten unterschätzten dagegen ihr Wissen und ihre Kompetenzen.
Wenn Unwissen auf Social Media trifft
„Das Problem ist dabei: Die Personen mit geringem Wissenstand sind gleichzeitig eher aktive Nutzer:innen von Social Media“, erklärt Rebecca Scheiber. Das könnte zur Folge haben, dass ihr falsches Wissen leichter über diese Kanäle verbreitet wird. Andere Teilergebnisse der Studie stimmen dagegen ein wenig optimistischer, denn die „gut Informierten gelten auch oft als opinion leader, was dazu führt, dass sie mit ihrem Wissen andere positiv beeinflussen können", weiß die Wissenschaftlerin.
Die gewonnenen Erkenntnisse seien gerade für Entscheidungsträger:innen in der Gesundheitskommunikation wichtig: „Wir brauchen nicht nur mehr Aufklärung über irreführende Werbung und Nährwerte von Lebensmitteln, sondern auch zum Dunning-Kruger-Effekt. Menschen sollten sich bewusst sein, dass ihre Selbsteinschätzung möglicherweise fehlerhaft ist.“ Der Effekt sei in dem Fall besonders tückisch für die Konsument:innen, denn, so Scheiber weiter: „Verbraucher:innen mit den geringsten Kompetenzen, aber mit hohem Vertrauen in ihre Fähigkeiten, sind am anfälligsten für irreführende Lebensmittelwerbung, da sie weniger skeptisch und eher bereit sind, das Produkt zu kaufen, ohne sich der potenziell negativen Auswirkungen des Produkts bewusst zu sein.“
Das Forschungsteam empfiehlt, dass Gesundheitskommunikationskampagnen diese Effekte berücksichtigen. Letztlich brauche es aber strengere gesetzliche Regelungen, vor allem bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln, da die Selbsteinschätzung der Verbraucher:innen fehlerhaft und ungenau sei.
*(David Dunning und Justin Kruger Justin Kruger haben 1999 eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass weniger kompetente Personen dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen, überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht zu erkennen und das Ausmaß ihrer Inkompetenz nicht richtig einzuschätzen.)
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 29. November 2023