Wen juckt´s?
Studie: Warum Kratzen auf manche Menschen besonders ansteckend wirkt
Kennt ihr das Phänomen: Eine juckt sich am ganzen Körper und bei euch fängt es auch sofort überall an zu kribbeln? Oder einer erzählt von Läusen und alle kratzen sich plötzlich am Kopf? Das liegt daran, dass Juckreiz tatsächlich ansteckend ist und es oft bereits genügt, wenn er beobachtet oder von ihm gesprochen wird. Und ganz offensichtlich sind manche Menschen von dieser Juck-Ansteckung stärker betroffen als andere. Warum das so ist, haben WissenschaftlerInnen der University of Hull herausgefunden. Sie untersuchten mit Hilfe von 51 Freiwilligen, welche Menschen besonders anfällig für die Kratz-Ansteckung sind.
Die Testpersonen bekamen Videos zu sehen, in denen andere Menschen sich entweder am Arm kratzten oder darauf herum klopften. Dabei wurden sie gefilmt und außerdem zu ihrem Juckreiz befragt.
Es zeigte sich, dass Testpersonen, die den Kratzfilm gesehen hatten, auch einen stärkeren Juckreiz verspürten als die anderen Versuchsteilnehmer. Und die meisten gingen diesem Juckreiz dann auch nach: mehr als die Hälfte kratzte sich mindestens einmal während des Films.
Die ForscherInnen erfassten über Fragebögen außerdem besondere Persönlichkeitsmerkmale der Probanden, denn sie wollten wissen, ob besonders einfühlsame Menschen sich möglicherweise leichter vom Phantom-Jucken infizieren lassen als andere.
Tatsächlich zeigten sich aber vor allem Menschen mit stärkeren neurotischen Zügen anfällig für die Kratz-Ansteckung. Neurotizismus wird von WissenschaftlerInnen als Neigung definiert, negative Emotionen besonders intensiv wahrzunehmen.
Emphatische Menschen, also Menschen mit besonderem Einfühlungsvermögen, waren hingegen nicht verstärkt juckreizgefährdet. Zwischen Frauen und Männern gab es in dieser Studie keine Unterschiede.
Die Forscher, die mit einigen Testpersonen zusätzlich Hirnscans durchführten, fanden zudem heraus, dass beim Beobachten von sich kratzenden Menschen Bereiche im Gehirn aktiviert werden, die auch beim Kratzen selbst aktiv werden und die die Forscher darum als eine Art "Kratz-Matrix" beschreiben. Diese Region kann also durch die bloße Beobachtung oder das Sprechen über Juckreiz aktiviert werden und erzeugt dann selbst einen Juckreiz.
Von den Erkenntnissen zu den neuronalen Ursachen des Kratzens erhoffen sich die Forscher, dass sie zu einer Behandlung von Menschen beitragen, die unter einem unstillbaren, medizinisch aber nicht begründbaren Juckreiz leiden. Möglicherweise ist bei ihnen einfach die Kratzmatrix überaktiv und kann entsprechend behandelt werden. Oder aber sie haben einfach zu viele Juckfilme gesehen ;-).
Die Ergebnnisse sind im Fachblatt PNAS erschienen.
Und? Juckt es euch jetzt?
Das Abstract zur Studie im Netz
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 13. November 2012