Wer gibt unseren Schulen die Namen?

Neue Studie fand heraus: Frauen und Menschen aus dem jüdischen Widerstand sind bei der Nennung unterrepräsentiert

Wenn man sich anschaut, nach welchen Berühmtheiten Schulen in Deutschland besonders häufig benannt werden, tauchen in den Top 10 Maria Montessori, Johann Heinrich Pestalozzi und die Geschwister Scholl an oberster Stelle auf. So lautet das Ergebnis einer ersten umfassenden und flächendeckenden Studie zu Schulnamen, die die Arbeitsstelle Holocaustliteratur der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und KiKA (von ARD und ZDF) vorgestellt haben. Auch wenn mit Maria Montessori eine Frau die Rangliste anführt: Die Studie belegt, dass nur etwa ein Sechstel der Schulen in Deutschland, die den Namen einer historischen Persönlichkeit tragen, nach Frauen benannt sind. Ein weiteres Ergebnis: Zwar tragen viele Schulen die Namen sowohl von Opfern des Nationalsozialismus als auch von (deutschen) Widerstandskämpfer:innen gegen das NS-Regime, aber der jüdische Widerstand ist so gut wie kaum in den Schulnamen repräsentiert.

„Die Benennung deutscher Schulen spiegelt damit ein zentrales Defizit der deutschen Erinnerungskultur“, betont der Studienleiter und Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur, Prof. Dr. Sascha Feuchert. Das Projekt „Wir geben Schulen den Namen“ begleitet die neue Staffel des KiKA-Geschichtsformats „Triff...“ (KiKA/WDR/hr), das unter anderem in einem mehrteiligen Schulnamen-Spezial die am häufigsten vertretenen Namensgeber vorstellt.

Udo Lindenberg-Schule

Als Schulnamen sind die Großen (und auch die Kleinen) der Geschichte in der Lebenswelt von Schüler:innen gegenwärtig und werden als Vorbilder präsentiert. Von den rund 31.000 deutschen Schulen tragen etwa 40 Prozent den Namen mehr oder weniger berühmter Personen. Neben den zu erwartenden Pat:innen gäbe es aber auch einige handfeste Überraschungen, erklärt Prof. Feuchert. Zu diesen zählt zum Beispiel Udo Lindenberg, der in Bayern Namenspate einer Schule ist.

„Namen sind eben mehr als Schall und Rauch – die erinnerten Personen geben uns schließlich auch ihre Werte mit. Deshalb darf es Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern sowie den Eltern nicht egal sein, wie eine Schule heißt“, so Feuchert weiter. Gerade in Zeiten, in denen die Demokratie massiven Bedrohungen ausgesetzt sei und viel von der Widerstandskraft der Schulen die Rede sein müsse, liege hier viel Potenzial brach, das zu einer kritischen, lebensnahen Auseinandersetzung mit demokratischen Werten und Normen beitragen könne. Während viele Schulen sich bereits intensiv und zum Teil auch kritisch mit dem Leben und Wirken ihrer Namensgeber:innen beschäftigten, scheuten andere nach Meinung der Forschenden diesen Umgang. „Und rund 60 Prozent der deutschen Schulen haben zudem eben gar keine Patin oder Paten – auch da liegt ein großes Potenzial“, wie die Co-Autorin Jennifer Ehrhardt von der AHL betont.

Zentrale Ergebnisse der Studie

Was denkst du darüber?

Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemiteilung - Stand: 17. Januar 2024