Wohin mit gebrauchten Klamotten?

In Deutschland werden pro Jahr ca. eine Million Tonnen Altkleider in Altkleidercontainer gegeben. Was passiert mit diesen Kleidungsstücken? Und was ist das Problem mit Fast Fashion? Wir fragten den Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation FairWertung

Bild: FairWertung

Der Verband FairWertung hat errechnet, dass in Deutschland pro Jahr ca. eine Million Tonnen Altkleider in Altkleidercontainer oder Sammlungen gegeben werden. Diese Menge füllt 62.000 LKW, die in einer Schlange stehend von Flensburg bis Innsbruck reichen würde. Inzwischen stehen in fast allen Siedlungen neben Altglas- und Papiercontainern auch Sammelboxen für Altkleider. Und auch im Briefkasten landen immer wieder Aufrufe, seine Altkleider an einem bestimmten Tag vor die Tür zu stellen. Wir fragten Herrn Ahlmann, was mit unseren Altkleiderspenden eigentlich geschieht. Er ist Geschäftsführer des Dachverbands FairWertung, einem bundesweiten Netzwerk von gemeinnützigen Organisationen, die Altkleider sammeln. Ziel ist das transparente Sammeln und Verwerten von gebrauchter Kleidung zu Gunsten sozialer Projekte.

Herr Ahlmann, woran erkennt man, ob eine Altkleidersammlung seriös ist? Oder anders gefragt: Kann eine Altkleidersammlung „unseriös“ sein?

Vorsicht ist immer dann geboten, wenn nicht klar ersichtlich ist, wer hinter der Altkleidersammlung steckt. Findet sich auf den Containern beispielsweise nur eine Handynummer, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um einen illegal aufgestellten Container oder eine Sammlung einer gewerblichen Firma handelt. Hier kommen die Erlöse der Kleiderspende dann keinen sozialen Projekten zugute.

Möchte man mit seinen aussortierten Klamotten bewusst soziale Projekte und andere Menschen unterstützen, dient das Zeichen FairWertung (siehe rechts) auf Containern oder Sammelbeuteln als wichtige Orientierungshilfe. Die Organisationen mit unserem Zeichen haben sich auf Standards für eine faire und transparente Sammlung verpflichtet. So kannst du sicher gehen, dass du mit deiner Kleiderspende eine gute Sache unterstützt!

Bild: FairWertung

Was passiert mit meinem zu klein gewordenem T-Shirt oder meiner unmodisch gewordenen Jeans, nachdem sie im Altkleidercontainer gelandet sind. Können Sie uns den weiteren „Lebenslauf“ dieser und anderer Kleidungsstücke mal schildern?

Bei Second Hand-Läden und Kleidersammlern werden Menschen mit weniger Geld mit Kleidung ausgestattet. In Sammlungen wird allerdings viel mehr Kleidung abgegeben, als in Deutschland für bedürftige Menschen benötigt wird. Die Textilien aus Altkleidercontainern werden daher zumeist vollständig an Sortierbetriebe verkauft. Deine Kleiderspende wird so zu einer Geldspende umgewandelt. Dort wird der Inhalt der Container per Hand sortiert und geprüft, ob die Kleidung noch tragbar ist. In einem Container finden sich nämlich die unterschiedlichsten Artikel, von der gut erhaltenen Hose, über das schmutzige T-Shirt oder löchrigen Schuhen bis hin zu Textil- und Haushaltsmüll. Die guten Kleidungsstücke werden weltweit an Menschen verkauft. Aus nicht mehr tragbaren Sachen können noch Putzlappen oder Autoinnenverkleidungen hergestellt werden.
Es ist demnach sehr wahrscheinlich, dass dein gut erhaltenes, aber zu kleines T-Shirt am Ende der Reise bei Menschen ankommt, die weniger Geld haben als du.

Bild: FairWertung

Viele fragen sich: Was soll ich als Verbraucher*in eigentlich mit einem hochwertigen Kleidungsstück machen, dass ein Loch hat, oder „schlabberig“ geworden ist? Soll es in die Altkleidersammlung oder gleich in die Mülltonne?

Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Denn nur gut erhaltene, zeitgemäße Kleidung und Schuhe sind eine richtige Kleiderspende. Kaputte und zerschlissene Textilien sollten nicht in die Altkleidersammlung geworfen werden, denn sie sind eher eine Belastung für den gemeinnützigen Sammler und können nicht weitergegeben werden. Solltest du etwas aussortieren und dir nicht sicher sein, ob du es spenden kannst, gilt folgende Faustregel: Eine Spende ist immer dann gut, wenn du das Teil mit gutem Gewissen auch noch einem Freund oder einer Freundin weitergeben würdest. Wenn nicht, kannst du das kaputte Kleidungsstück noch als Putzlappen nutzen oder es letztlich im Hausmüll entsorgen.

Ihr Verband kritisiert, dass die Menge der Textilien, die in Deutschland aussortiert werden und nicht mehr tragbar sind, immer weiter ansteigt. Schuld daran sei vor allem der Fast-Fashion-Trend. Wieso?

Mittlerweile kaufen wir in Deutschland circa 60 Kleidungsstücke pro Jahr, denn Kleidung wird immer günstiger. Die niedrigen Preise kommen jedoch nur zustande, weil sich auch die Qualität zunehmend verschlechtert. Das heißt wiederum, dass die Teile schneller kaputt gehen und aussortiert werden müssen. Mit kaputten Textilien können gemeinnützige Sammler nichts anfangen und deine Kleiderspende kann letztlich niemandem mehr helfen. Deswegen solltest du bereits beim Einkauf auf gute Qualität bei neuen Kleidungsstücken achten und auch Kleidertauschbörsen und Second Hand-Shopping in Betracht ziehen.

Es gibt ja inzwischen auch einen größer werdenden Trend, in Second Hand-Läden einzukaufen – nicht nur von Menschen mit weniger Geld. Führt das dazu, dass Leute noch mehr konsumieren, oder wird auch mehr Kleidung gespendet?

Grundsätzlich ist es ein guter Weg zu einem nachhaltigen Textilkonsum, in Second-Hand Läden einzukaufen. Leider verleiten die günstigen Preise und der Eindruck, mit dem Kauf etwas Gutes und Nachhaltiges zu tun, den ein oder anderen, mehr zu kaufen. Nur weil etwas nachhaltiger oder günstiger ist, bedeutet das nicht, dass wir mehr einkaufen sollten als wir wirklich benötigen.

Wohin führt die Überproduktion der Bekleidungsindustrie, wenn wir nicht umkehren? Und worin besteht der Ausweg?

Die drastische Überproduktion sorgt bereits jetzt für eine enorme Ressourcenverschwendung und Umweltbelastung. So verursacht die Textilproduktion bereits jetzt rund zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen, und der Trend steigt. Um diese Entwicklung zu durchbrechen, müssen wir alle einen Beitrag leisten. Weniger Konsum, Upcycling-Projekte und die Investition in die Erforschung von Recycling-Konzepten können dabei helfen!

Bild: FairWertung

Und zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wie lange tragen Sie im Durchschnitt ihre Kleidung? Und was machen Sie mit einem Kleidungsstück, das Ihnen nicht mehr passt oder gefällt?

Ich persönlich spende gut erhaltene abgelegte Kleidungsstücke einem Sozialkaufhaus in meiner Nähe oder nutze einen durch FairWertung gekennzeichneten Altkleidercontainer. Auf der Internetseite www.altkleiderspenden.de kann man sich nach FairWertung-Organisationen und Abgabestellen im eigenen Umkreis erkundigen.

*Vielen Dank für das Interview!*

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Autorin / Autor: Redaktion/ FairWertung - Stand: 22. April 2022