Wort des Jahres 2024: "Ampel-Aus"
Gesellschaft für deutsche Sprache kürte die Wörter des Jahres 2024
Das Wort des Jahres 2024 ist Ampel-Aus. Diese Entscheidung traf eine Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) am Nikolaustag in Wiesbaden. Das sich seit Langem andeutende Ende der Ampelkoalition – schon 2023 war "Ampelzoff" unter den Wörtern des Jahres – sorgte für einen Paukenschlag, der sogar den zeitgleich bekannt gewordenen Ausgang der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl übertönte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entließ am 6. November Finanzminister Christian Lindner (FDP) wegen unüberbrückbarer Differenzen in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik; fast alle übrigen Kabinettsmitglieder der FDP erklärten daraufhin ihren Rücktritt.
Platz 2: Klimaschönfärberei
An zweite Stelle wählten die Jurymitglieder das Wort Klimaschönfärberei, mit dem die Auswirkungen des Klimawandels oder die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen beschönigt oder verharmlost werden. "Unternehmen oder Organisationen versuchen dabei in einer Art von Greenwashing, sich umweltfreundlicher darzustellen, als sie tatsächlich sind. 2024 lagerten deutsche Betriebe ihre Klimaschutzmaßnahmen aus strategischen Gründen zunehmend nach China oder Indien aus", so die Jury.
Platz 3: kriegstüchtig
Platz drei erhielt der Begriff "kriegstüchtig" zugeteilt. Hintergrund war, dass der SPD-Politiker Boris Pistorius forderte, dass Deutschland bis 2029 kriegstüchtig werden müsse – und damit zum Ausdruck brachte, dass dies aktuell nicht der Fall sei. In der anschließenden öffentlichen Debatte wurden Panikmache und die Gefahr einer Militarisierung befürchtet. Argumentiert wurde jedoch auch, dass eine realistische Einschätzung von Bedrohungen und entsprechende Vorbereitungen notwendig seien, um Frieden zu sichern.
Platz 4: Rechtsdrift
Die Jury-Begründung, warum die Wahl auf "Rechtsdrift" fiel: "Ein schon seit Längerem erkennbarer Trend nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern ebenso wie außerhalb Europas ist eine Verschiebung der politischen Stimmung oder des öffentlichen Diskurses nach rechts. 2024 zeigte sich die Rechtsdrift in den Erfolgen populistischer Parteien bei verschiedenen Landtagswahlen, aber auch bei der Europawahl. Ebenfalls in diesen Zusammenhang gehört der klare Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl."
Platz 5: generative Wende
Schon 2023 hatte die Jury "KI-Boom" zu einem der Jahreswörter gekürt. In diesem Jahr griff sie die rasante Weiterentwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz wieder einmal auf und wählte den Ausdruck "generative Wende" auf Platz 5. Die Formulierung nähme Bezug auf den Übergang von traditionellen KI-Systemen zu fortschrittlicheren Modellen, die neue Inhalte erzeugen und komplexe Aufgaben auf menschenähnliche Weise bewältigen könnten. Die Auswirkungen seien gravierend, so die Jury: "Schon jetzt kann generative KI selbständig Texte verfassen, stilistisch optimieren oder übersetzen und künstlerische oder kreative audiovisuelle Werke jeder Art produzieren. Die Integration in Suchmaschinen erscheint bereits als selbstverständlich."
Platz 6: SBGG
Die Wahl eines Kürzels "SBGG" ist eher ungewöhnlich. Die Jury wollte damit wohl aber eine große gesellschaftliche Errungenschaft würdigen: Das am 1. November 2024 in Kraft getretene "Selbstbestimmungsgesetz". Es ersetzt das veraltete und entwürdigende Transsexuellengesetz von 1980. Das neue Gesetz besagt, dass Personen, die ihre geschlechtliche Identität nicht im binären System »männlich«/»weiblich« verorten oder deren soziales Geschlecht nicht ihrem Geburtsgeschlecht entspricht, nunmehr ohne große bürokratische Hürden durch eine Erklärung beim Standesamt ihren Geschlechtseintrag und ihre(n) Vornamen ändern lassen können. Allerdings sei die Vornamenwahl nicht beliebig. Dies habe bei der Gesellschaft für deutsche Sprache bereits seit Juli 2024 zu zahlreichen Anfragen von Menschen geführt, deren Vornamenwunsch vom Standesamt nicht akzeptiert wird.
Platz 7: Life-Work-Balance
Vorsicht Wortumkehr ;-). Statt der herkömmlichen Work-Life-Balance etabliert sich zunehmend die Wortbildung Life-Work-Balance, die das »Leben« (Privatleben, Freizeit) über die »Arbeit« stellt. Besonders bei der jüngeren Generation hätten sich die Prioritäten verschoben, und sie sähen es oft nicht mehr ein zu leben, um zu arbeiten, sondern allenfalls umgekehrt, so die Begründung der Jury.
Platz 8: Messerverbot
Mit dem »Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems« von Ende Oktober 2024 wurde unter anderem das Waffengesetz verschärft, und es dürfen nunmehr auch keine Messer mehr im öffentlichen Raum mitgeführt werden. Das Messerverbot gilt insbesondere für Veranstaltungen bei denen viele Menschen zusammenkommen. Nach einer Reihe von Messerattacken war der Ruf nach einer Änderung des Waffenrechts lauter geworden. Aber es gab auch viel Kritik an der Rechtsverschärfung, vor allem wurde auch kritisiert, dass die härtere Sicherheitspolitik mit einer schärferen Asylpolitik gekoppelt wurde.
Platz 9: angstsparen
Das Verb angstsparen bezeichnet das offenbar weit verbreitete Verhalten der Menschen hierzulande, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten aus Unsicherheit über ihre finanzielle Zukunft auf Konsum zu verzichten.
Platz 10: Deckelwahnsinn
Seit Juli 2024 gilt aus Gründen des Umweltschutzes ein EU-Gesetz, das Deckel mit dem Verschlussring an Plastikflaschen fest verbindet, damit die Käppchen nicht in der Umwelt landen. Die öffentliche Diskussion darüber stellte oft den tatsächlichen ökologischen Nutzen in Frage und kritisierte die mangelnde Verbraucherfreundlichkeit.
Die Wörter des Jahres werden seit 1977 regelmäßig von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) gekürt. Traditionell sucht die GfdS nicht nach den Ausdrücken, die am häufigsten verwendet wurden, sondern nach solchen, die das zu Ende gehende Jahr am ehesten charakterisieren. Die Auszeichnung soll Begriffe würdigen, die in besonderer Weise das gesellschaftliche (Er-)Leben, die politische Stimmung und den Zeitgeist widerspiegeln. Die Auszeichnung als "Wort des Jahres" ist nicht als Wertung oder Empfehlung zu verstehen, wie die GfdS betont.
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Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Redaktion - Stand: 6. Dezember 2024