Zeig uns, wer du bist

Autorin: Elle McNicoll
Übersetzt von Barbara König

Mit dem vermehrten Aufkommen von KI entstehen bei uns allen auch Gedanken und Vorstellungen im Kopf, wie die Zukunft im digitalen Zeitalter sein könnte. In „Zeig uns, wer du bist“ webt die Autorin ein Zukunftsszenario, das auf den ersten Blick faszinierend wirkt: die Möglichkeit, Menschen als digitale Hologramme nachzubilden; nicht nur äußerlich sondern auch mit der authentischen Mimik, Gestik, Sprache und alles, was einen Menschen ausmacht.
Auch Cora, die Hauptperson der Geschichte, findet diese Möglichkeit erst mal witzig und interessant. Sie ist Schülerin, autistisch und tut sich sehr schwer mit ihrem sozialen Umfeld. Sie fühlt sich oft missverstanden und hat zudem ihre Mutter vor einiger Zeit verloren.

Doch dann tritt eine andere wichtige Person in ihr Leben: Bei einer Betriebsfeier lernt sie den Sohn des Firmeninhabers Mr. Hawkins kennen (ihr Bruder arbeitet ebenfalls in diesem modernen technischen Unternehmen) und Adrien ist genau der Mensch, den sie als besten Freund an ihrer Seite braucht. Er ist ebenfalls neurodivers, er hat ADHS und kann sie besser verstehen, als alle anderen, auch wenn die beiden sehr unterschiedlich sind. Die jungen Menschen freunden sich an, unternehmen viel zusammen und Cora wird ein oft gesehener Gast bei den Hawkins.

Sie wird sogar von Mr. Hawkins um Interviews für die Firma gebeten, damit auch neurodiverse menschliche Eigenschaften und Aspekte in die erstellten Hologramme einfließen. Coras Vater warnt sie zwar mit immenser Eindringlichkeit vor der Firma, sie versteht aber nicht, was so schlimm daran ist, wenn sie einen Teil von sich beiträgt. Zudem lernt sie die freundliche und aufmerksame Dr. Gold kennen, die maßgeblich an der Entwicklung der Hologramme bei Pomegranate Tech beteiligt ist, sie wird eine Art Bezugsperson für Cora, und diese erhält immer wieder exklusive Einblicke in die technischen Fortschritte und Entwicklungen.

Eines Tages passiert jedoch etwas Schlimmes und Cora merkt, dass sie mehr denn je Sehnsucht nach den digital erstellen Bildnissen hat. Sie kann sich der Faszination nur noch schwer entziehen, und ihre Trauer weicht der Hoffnung, die ihr diese Abbilder geben. Und wer hätte denn nicht gerne seine liebsten Menschen für immer um sich? Aber bald merkt Cora, dass etwas mit ihr passiert und wie die heile Welt des Tech-Unternehmens anfängt zu bröckeln, je mehr sie hinter die Fassade und in ihr wahres Inneres blickt... .

Mehr sei hier nicht verraten, da sonst die ganze Spannung vorweggenommen wird.

„Zeig uns, wer du bist“ ist ein spannendes und eindringliches Werk, das neurodiverse Menschen in den Mittelpunkt stellt. Coras kämpferisches Herz kommt in der Geschichte richtig schön zur Geltung und die Bedeutung von Freundschaft, sich anzunehmen wie man ist (auch mit Macken oder Fehlern, denn das macht uns menschlich) und die Verbundenheit von befreundeten Menschen ist ein großes Thema im Buch, was mir sehr gut gefällt.
Überzeugende Zukunftsdystopie, die vielleicht gar nicht mehr so unrealistisch sein wird in ein paar Jahren.

Erschienen bei Atrium

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Autorin / Autor: Verena - Stand: 20. Dezember 2024