Zusammen ist man weniger "verrückt"

Eine Leidenschaft, die nicht viele Menschen teilen, sorgt eher für ein Gefühl der Verbindung als eine Allerweltsvorliebe

Kung Fu gehört wohl eher zu den seltenen Vorlieben, daher dürfte die Anziehung unter Gleichgesinnten größer sein

Warum finden wir einen Menschen auf Anhieb sympathisch und den anderen so überhaupt nicht? Liegt es am Äußeren? Dem Geruch, der Stimme oder den Hobbies? Diese Frage stellte sich auch der Bochumer Psychologe Prof. Dr. Hans Alves und führte zusammen mit seinem Team verschiedene Umfragen durch.

Stars, Hobbys, Urlaubspläne

Die Forschenden der Arbeitseinheit Soziale Kognition erfragten in ihren Online-Umfragen zum Beispiel, welche Einstellungen, Vorlieben, aber auch Abneigungen die Versuchspersonen haben. Welche Bücher sie gerne lesen, was sie gerne essen oder trinken, aber auch was sie nicht mögen. Die Forschenden wollten auch wissen, welche Filme die Befragten gerne schauen, welche nicht und wie es es aussieht mit Stars, Hobbys und  Urlaubsplänen. Unter den Angaben, die sie machten, waren sowohl gängige Aussagen wie „Ich mag Urlaub in der Sonne“, aber auch skurrile Vorlieben wie zum Beispiel bestimmte Verkleidungen.

Im nächsten Schritt luden die Forschenden die Teilnehmenden dazu ein, sich vorzustellen, sie träfen jemanden, der dieselben Angaben zu einem Punkt gemacht hatte wie sie selbst. Wie groß wäre dann das Interesse daran, diese Person kennenzulernen und Zeit mit ihr zu verbringen? Aus den Antworten ergab sich: teilen zwei Personen, die sich ansonsten nicht kennen, eine seltene Vorliebe, ist ihr Interesse aneinander deutlich größer, als wenn sie eine gemeinsame Abneigung oder eine gemeinhin übliche Vorliebe teilen.  „Es hat sich bestätigt, dass gleiche Vorlieben für mehr Sympathie sorgen“, berichtet der Psychologe. „Und seltene Interessen übertreffen darin tatsächlich solche, die viele Menschen teilen.“

Ähnlichkeiten erzeugen Verbundenheitsgefühl

Warum das so ist, dafür hat der Forscher mehrere mögliche Erklärungen. Die eine ist, dass Ähnlichkeiten generell ein Verbundenheitsgefühl zwischen Menschen erzeugen. „Das gilt sogar für zufällige Übereinstimmungen wie denselben Geburtstag oder denselben Namen“, so Alves. Begegnen sich Fremde, suchen sie nach einem gemeinsamen Bezugspunkt – in der Ähnlichkeit finden sie ihn.

Als weiteren Grund nennt Alves den Wunsch nach Anerkennung: „Wenn wir jemanden treffen, der unsere Einstellung teilt, befriedigt das unser Bedürfnis nach Bestätigung." Und gerade bei seltenen Einstellungen oder Vorlieben sei das Bedürfnis nach Bestätigung besonders groß. „Jemand, der sie teilt, zeigt uns, dass wir nicht allein sind, dass wir nicht sogar verrückt sind.“

Wichtiger als Persönlichkeitseigenschaften

„Wir haben das auch im Datingkontext untersucht“, berichtet Hans Alves. „Wir haben gefragt: Wie gut könnten Sie sich vorstellen, diese Person zu treffen?“ Auch hier war die Bereitschaft, jemanden zu treffen, besonders groß, wenn seltene Angaben übereinstimmten. „Wenn ich eine Datingplattform betreiben würde, würde ich genau solche Angaben matchen“, meint Hans Alves, der allerdings keine Einblicke in die Algorithmen solcher Plattformen hat. „Das wird nicht öffentlich kommuniziert.“ Jedoch würde es auch aus anderen Gründen Sinn ergeben, solche Übereinstimmungen zu suchen, denn die Literatur legt nahe, dass sie für den Erfolg und die Dauer einer Beziehung wichtiger sind als Persönlichkeitseigenschaften.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 8. Mai 2023