Gut aufgehoben...
Warum Mädchen in Mädchenhäuser gehen
Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist leider nicht immer harmonisch und verständnisvoll. Das kennt ihr sicher auch, oder? Meistens kann zwar jeder Streit irgendwie beigelegt werden, doch manchmal gibt es so unglückliche Situationen, wo Jugendliche es zu Hause nicht mehr aushalten und abhauen. Weil es bei Mädchen oft ganz andere Gründe gibt, warum sie das tun, gibt es ungefähr seit den 80er/ 90er-Jahren Mädchenhäuser, in denen sie Zuflucht finden können. Dort arbeiten erfahrene Frauen, die ihnen zuhören, sie unterstützen und den ganzen "Behördenkram" mit Jugendamt, Polizei und Eltern regeln. Denn - von zu Hause Abhauen hat Folgen!
Warum fliehen Mädchen?
Was bringt Mädchen dazu, ihr Elternhaus überhaupt zu verlassen? Die Gründe sind sehr unterschiedlich; ein Hauptgrund ist aber nach wie vor die Gewalterfahrung - und zwar eine besonders schlimme Form: sexuelle Gewalt. Wenn Missbrauch oder Vergewaltigung durch Verwandte, Bekannte oder gar Familienmitglieder selbst geschieht, gibt es für Mädchen oft keine andere Möglichkeit, als sich Hilfe von außen zu holen und natürlich erstmal auch eine Wohnmöglichkeit zu finden, wo sie keiner Gewalt begegnen. Ganz normale Kinder- und Jugendheime kommen oft nicht in Betracht, weil dort Mädchen und Jungen in gemischten Gruppen zusammen wohnen, und weil die Situation von den Jugendlichen, die dort leben ganz anders ist.
Was passiert in einem Mädchenhaus?
Mädchen, deren Situation zu Hause unerträglich ist, die geschlagen oder bedroht werden oder die sexuelle Gewalt erlebt haben, können in einer Kriseneinrichtung wie dem Mädchenhaus für eine gewisse Zeit einen sicheren Ort finden. Oftmals ist der Ort auch geheim und bietet besonderen Schutz vor Übergriffen und Bedrohungen. Das ist wichtig, wenn es um Vergewaltigung geht. Ansonsten ist ein solche Einrichtung aber ein ganz normales Haus mit ganz normalen Zimmern, in denen man sich richtig wohl fühlen kann. Man lebt dort so ungefähr wie in einer Wohngemeinschaft, bekommt aber zusätzlich Beratung und Hilfe von den dort arbeitenden Sozialpädagoginnen, denn das Wohnen dort ist ja meist nur vorübergehend. Wir haben mit einem Mädchen gesprochen, die in einem Mädchenhaus lebt.
Randys Geschichte
Randy ist 17 Jahre und hat eine 5 Monate alte Tochter. Seit dem 9. Juli diesen Jahres lebt sie im Haus des Mädchennotdienstes in Berlin. Sie ist dorthin "geflohen", weil sie große Konflikte in ihrem Elternhaus hatte. In einem Interview erzählte sie uns ihre Geschichte:
"Meine Mutter war der Meinung, sie müßte beim Jugendamt Sch... erzählen und versuchen, mir meine Tochter wegzunehmen. Sie hat meine Tochter für sich vereinnahmt, sie behandelt, als wäre es ihr Kind. Sie behauptete, ich sei keine gute Mutter und mein Verlobter solle mein Kind mißhandeln. Meine Mutter ist alkoholkrank. Irgendwann gab es einen richtigen Krach. Ich habe meine Tochter mit der Polizei da rausholen lassen und bin zu meinem Freund gegangen für eine Nacht. Am nächsten Tag trafen wir uns und sprachen über alles. Ich meinte zu ihr, eine Chance bekommt sie noch und ich kann sehen, ob sie sich ändert oder nicht. Vier Wochen lang ging alles gut, dann fing das ganze Spiel von vorne an. Mir reichte es endgültig und ich zog einen Schlußstrich. Von der Polizei erfuhr ich die Adresse vom Mädchennotdienst und wurde dort aufgenommen."
*Im Moment ist sie alleine*
Im Moment lebt nur sie in der Einrichtung, aber das kann sich jederzeit ändern. Manchmal sind auch andere Mädchen da, aber meist nur für ein bis zwei Nächte. Im Mädchennotdienst Berlin, wie auch in Notlage befinden, solange bleiben, bis gemeinsam mit dem Jugendamt eine Lösung für die aktuelle Situation gefunden wurde. "Manchmal geht es nach einer Klärung zurück nach Hause, manchmal in eine andere Kriseneinrichtung oder man sucht einen Platz in einem Heim oder WG", erzählt Randy. Betreut werden die Mädchen von Betreuerinnen, die helfen, eine Lösung zu finden bzw. eine andere geeignete Einrichtung, wo sie leben können. Sie stehen auch im Kontakt zu den Jugendämtern, denn dort wird entschieden, wie den Mädchen am besten geholfen werden kann. "Man bekommt hier ein Zimmer und ist gut aufgehoben hier", sagt Randy. Sie kann bald in eine Mutter-Kind-Einrichtung einziehen. Ihre Pläne sind, ihren Schulabschluss nachzumachen, danach eine Ausbildung zu beginnen und ihr eigenes Leben zu leben.
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Autorin / Autor: Rosi Stolz; Bild Lizzynet - Stand: 18. August 2005