Japanische Jugendkultur - Teil 2
Bringt das harte Erziehungssystem die JapanerInnen zum ausflippen?
Stellt euch nun einmal vor, ihr würdet nicht in Deutschland leben und beispielsweise Steffi heißen, sondern ihr lebt in Japan - am besten gleich in der Hauptstadt Tôkyô - und seid die 15-jährige Yukiko. Begleitet sie einfach ein Stück durch ihren Alltag. Erfahrt mehr über japanische Erziehung, und was JapanerInnen nach der Schule in ihrer knappen Freizeit unternehmen.
Jugendkultur = Jugend-Schul-Kultur
In Japan kann man Jugendkultur eher als Jugend-Schul-Kultur bezeichnen, denn das Leben von Yukiko und der anderen jungen JapanerInnen wird überwiegend von der Schule geprägt, in der sie auch die meiste Zeit verbringen. Bis in den späten Abend sind die Jugendlichen mit schulischen Aktivitäten wie Hausaufgaben, Schulsport, Nachhilfekursen etc. beschäftigt. An den Wochenenden sieht es nicht viel anders aus, und sogar in den Ferien lässt die Schule viele nicht los. So verläuft die Entwicklung japanischer Jugendlicher fast ausschließlich in einem von Erwachsenen vorgegebenen und überwachten Rahmen - der Schule.
Karrierehölle oder Beruf zweiter Klasse
Das Erziehungssystem, dass Yukiko und alle anderen JapanerInnen durchlaufen müssen, gilt als eines der härtesten der Welt und beginnt teilweise sogar schon vor der Geburt. Werdende Mütter lesen Bestseller á la "Wie ziehe ich Genies heran?" und versuchen durch gezieltes Training die Entwicklung bestimmter Gehirnregionen zu fördern. Nach der Geburt geht der Stress bald weiter. Zu Beginn der "Examenshölle" steht der Aufnahmetest für den Kindergarten, und das ist nur der Anfang vieler strenger Aufnahmeprüfungen. Bereits hier stehen Lerndruck, Drill und Prüfungsangst auf dem Programm. Der japanische Verhaltensforscher Professor Hideo Obara vergleicht deshalb die Ausbildung junger JapanerInnen mit der Dressur von Schoßhündchen und spricht von der Heranzüchtung menschlicher Roboter: "Japanische Kinder können mit zwei Jahren Klavier spielen, aber mit sechs keine Banane schälen". Eltern, die ihren Kindern entweder diese Karrierehölle ersparen möchten oder sie sich nicht leisten können - denn das alles kostet viel Geld - besiegeln damit die berufliche Zweitklassigkeit ihrer Sprösslinge. Nur diejenigen, die die besten Schulen und die Top-Unis besucht haben, bekommen bestbezahlte und lebenslange Arbeitsplätze garantiert.
Entscheidungen treffen und Meinung äußern? Fehlanzeige!
Aber woher kommt dieser Bildungsboom und die harte Erziehung? Auch in Japan steigen die Arbeitslosenzahlen und es wird immer schwieriger einen Job zu bekommen, von lebenslanger Anstellung ganz zu schweigen. Eine gute Ausbildung wird dadurch immer wichtiger, und Eltern fördern ihre Kinder mit allen zur Verfügung stehenden - vor allem finanziellen - Mitteln. Der japanische Psychologieprofessor Masao Miyamoto sieht in der so genannten japanischen "Zwangsjackengesellschaft" einen gefährlichen Trend. Denn Yukiko, ihren Freunden und allen JapanerInnen wird nicht beigebracht, selber Entscheidungen zu treffen, ihre Meinung klar zu äußern und Konflikte auszutragen. Das ist in Japan nicht erwünscht, weil es ist mit dem Streben nach totaler Harmonie unvereinbar ist. Was zählt ist die traditionelle Erziehung zu Nachahmung, Gehorsam und Unterwerfung. Diese Art der Erziehung wird mitverantwortlich gemacht für den Wandel in der japanischen Jugendkultur.
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