Zirkusleben - ein Kribbeln im Bauch - Teil 2
Ich kann mir einfach nichts Schöneres und Erfüllenderes vorstellen.
Was fasziniert dich an deiner Arbeit im Zirkus?
Das ist schwer zu sagen. Wenn ich meinen Körper an seinen Grenzen spüre oder ein Kribbeln im Bauch… ja, dann fühle ich mich richtig wohl! Auch meine Arbeit mit Kindern finde ich sehr erfüllend. Wenn ich sehe, wie die Kinder an ihren Aufgaben wachsen und was sie auf die Beine stellen und sie dann am Ende in der Manege strahlen sieht. Die Vorfreude, das Lächeln und der Stolz der Kinder. Aber es gab da mal ein Zitat, das ganz das widerspiegelt was ich so liebe: “Der Zirkus gibt den Beweis, dass Menschen verschiedener Völker, Religionen und Ansichten zusammenarbeiten können um anderen Freude zu schenken.” (Papst Johannes XXIII. geb. als Antonio Guiseppe Roncalli)
*Reist du mit dem Zirkus durchs Land? Oder gibt es einen festen Standort?*
Das ist ganz verschieden. Ein klassischer Zirkus hat das Image immer „zu reisen“. Mittlerweile aber gibt es viele Zirkusse und Varietes die an einem festen Ort spielen. Ich selber arbeite in einem Familiencircus der unter anderem auch einen festen Standort hat. Dort habe ich die Möglichkeit immer an meinen eigenen Nummern zu feilen und in den regelmäßig dort angebotenen Kursen mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Nebenher werden natürlich überall Aufführungen gemacht, doch im dortigen Lager steht das Hauptzelt in dem trainiert und gespielt werden kann. Anderseits bin ich bei meinen Engagements, was mal hier und mal da sein kann. Deshalb ist es immer unterschiedlich, was ich gerade mache und wo ich gerade bin.
Was mich ärgert
...ist die Einstellung von einigen Menschen, die meinen sie wären etwas Besseres als wir. Reisende werden verachtet oder gar angegriffen. Da wird nachts das Material zerstört, protestiert, schlechte Werbung gemacht, Tiere freigelassen oder gar Personen angegriffen. Ich kann so etwas nicht nachvollziehen und immer wieder nur den Kopf schütteln.
*Bist du nervös, wenn du in der Manege dein Programm vorführst?*
Sobald man in die Manege kommt spult sich dann ein innerer Film ab. Man hat so viel trainiert und ist so eins mit seiner Nummer, dass man gar nicht mehr über jede Kleinigkeit nachdenkt. Durch die Scheinwerfer kann man das Publikum nicht sehen und so kann man sich ganz auf sich und seine Nummer konzentrieren. Da man sowieso sehr auf seine Nummer konzentriert ist, vergisst man die Welt um sich herum. Irgendwann ist dann die Nummer vorbei, man steht wieder in der Manege, bekommt seinen Applaus und registriert dann erst das Ende…
*Ist schon einmal während einer Vorstellung etwas schief gegangen?*
Oh ja…das passiert sogar ziemlich häufig. Aber zum Glück kennt das Publikum die Nummer nicht und wenn es nichts Gravierendes wie ein Sturz oder so ist, fällt es auch meist nicht auf. Dann vergisst man mal eine Figur oder ein Übergang klappt nicht wie gewohnt. Dem Publikum ist es egal, nur man selber ärgert sich dann. Schlimmer ist es, wenn der Strom ausfällt oder andere wichtige Dinge kaputt gehen oder streiken. Dann geht das Gewimmel los…aber bis jetzt wurde fast alles gemeistert. Es gilt einfach: The show must go on! Und dafür tut jeder alles!
*Gibt es auch etwas, was dir an deiner Arbeit nicht so gut gefällt?*
Na ja…manchmal gibt es halt Tage, da fühl man sich nicht wohl, man ist krank, das Wetter ist mies oder sonst etwas stimmt nicht so. Aber man muss dann halt hinaus und kann die anderen ja nicht hängen lassen. Sich dann zu überwinden, durch den Matsch zu laufen, vor ein paar wenigen Leuten zu spielen oder so macht manchmal auch etwas ärgerlich oder nachdenklich, aber ansonsten bin ich sehr glücklich und zufrieden!
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Autorin / Autor: Peppino / Susanne Hehl - Stand: 9. Oktober 2007