Farmville, Happy Aquarium & Co.
Einmal Onlinegamesucht und zurück - Meine kleine Farm
Meine zeitweilige Spielsucht fing damit an, dass ich Anfang des Jahres Facebook für mich entdeckte. Erstmal braucht man ja ganz schön lange, bis man überhaupt da durchsteigt. Vor allem die Startseite ist extrem verwirrend für Neue! Dauernd kommen irgendwelche Statusmeldungen und dann erscheinen auch noch am laufenden Band Meldungen über irgendwelche Spiele.
Zu Farmville verleitete mich eine Arbeitskollegin, die irgendwann mal einwarf: "Ich spiele jetzt Farmville. Das ist total super! Da kannst du Sachen anpflanzen und ernten. Das macht echt Spaß!". Da ich natürlich neugierig war, machte ich mich auf Entdeckungsreise, um zu erfahren, was es mit Farmville denn nun eigentlich auf sich hat. Daraus ergab sich, dass ich und drei andere Kollegen gleichzeitig mit dem Spiel starteten und sich so ein regelrechter Farmville-Battle untereinander entwickelte. Morgens wurde man auf der Arbeit oft mit den Worten begrüßt: "Haste schon gesehen, ich hab dich wieder überholt!". Das kratzte natürlich am Ego, denn jeder wollte der Beste sein. Außerdem machte es Spaß, da es eine Art Strategiespiel ist. Was kann ich wie am ertragreichsten anbauen?
Es hagelte Farmvilleeinladungen
Das Spiel ist so konzipiert, dass man nur weiterkommt/punktet, wenn man möglichst viele Mitspieler hat, denen man auf ihrer Farm helfen kann, von denen man Geschenke bekommt und mit denen man sein Farmgelände erweitern kann, um mehr anzubauen. Das führte natürlich dazu, dass ich meinen Facebookfreundeskreis mit Farmvilleeinladungen und Farmvillegeschenken bombadierte. Einige haben sogar angebissen, so dass nach und nach immer mehr Leute in dieses Spiel involviert wurden. Doch je mehr Farm-Nachbarn man hat, desto mehr hat man auch zu "tun" bei Farmville. Anpflanzen, ernten, den Nachbarn möglichst viel helfen.
Geld- und Zeitfraß
Ich war geschockt, als ich entdeckte, dass man sogar Farmville-Geld für echtes Geld kaufen kann. Damit kann man sich Dinge leisten wie verschiedene Tiere, Gebäude oder spezielle Deko für seine Farm. Zum Glück ging meine Spielsucht nie so weit, dass ich mir Farmvillegeld gekauft habe! Ich hab mir alles ehrlich erarbeitet ;)!
Das Schlimme ist, oft bleibt es nicht bei einem Spiel! Ständig bekommt man Einladungen von anderen süchtigen Facebookusern, denn alle Spiele sind ähnlich konzipiert. So bin auch ich - zumindest zeitweilig - zusätzlich dem Spiel "Happy Aquarium" verfallen. Diese niedlichen kleinen Meeresbewohner! Hier funktioniert das Prinzip genauso wie bei Farmville! Je mehr Nachbarn, desto besser! Je mehr Zeit du investierst, desto mehr Punkte! Je mehr Punkte man hat, desto ertragreichere und exotischere Fische kann man sich kaufen. Wenn man seine Fische allerdings nicht regelmäßig füttert, leiden sie. Zuerst gucken sie immer missmutiger, bis sie irgendwann regelrecht verhungern. Man kann sie allerdings mit einem speziellen Mittel wieder heilen (was natürlich Geld kostet!). Hier trägt auf jeden Fall der Niedlichkeitsfaktor und das Mitleid mit den Tieren zum Suchtverhalten bei.
Ich spielte täglich eine bis drei Stunden
Das Gemeine an solchen Spielen ist, dass sie einem kaum merklich immer mehr Zeit rauben. Dadurch, dass alle Spielanwendungen getimt sind, fühlt man sich gezwungen, in regelmäßigen Abständen zu spielen.
Mein Freizeit- sowie (ich muss gestehen) mein Arbeitsverhalten änderten sich, indem ich täglich 1 bis 3 Stunden ins Spielen investierte. So ließ ich selten oder nie eine Ernte verkommen oder meine Fische hungern. Wenn es doch mal vorkam, ärgerte ich mich. Genauso ließ ich mich immer wieder anspornen, wenn mich einer meiner Mitspieler punktemäßig überholte oder verspürte mehr als Genugtuung wenn ich vorne war.
Der Ausstieg
Wie habe ich es nun geschafft, aus diesem zeitfressenden Dilemma wieder herauszukommen? Eigentlich erst als ich Urlaub mit meinem Freund buchte. Im Februar flogen wir für 10 Tage nach Ägypten, und da war es mir einfach wichtiger, jede Sonnenminute auszunutzen, als mich in ein Internetcafe zu setzen und Farmville oder Happy Aquarium zu zocken.
Vor meiner Abreise habe ich also meine Felder abgeerntet, damit nichts verkommt. Bei Happy Aquarium hab ich all meine Fische ins Meer frei gelassen, so dass ich mir keine Sorgen machen musste, dass meine virtuellen Tiere verhungern!
Nach meiner Rückkehr machte mich allerdings ein Arbeitskollege darauf aufmerksam, dass ich einen Fisch vergessen hatte. Der war zwar nicht verhungert, schwamm aber missmutig und allein in seinem Becken. Der Arme! Mein Freund wies mich übrigens irgendwann mal darauf hin, dass ich ja wohl kein "echtes" Mitleid mit virtuellen Fischen haben könne! Da musste ich ihm schon Recht geben! Außerdem stellte ich nach dem Urlaub fest, dass ich keine Lust mehr hatte, soviel Zeit zu investieren, um mir eine neue Aquariumlandschaft aufzubauen. Farmville spielte ich noch einige Wochen weiter, wenn auch etwas halbherzig. Irgendwie verließ mich bald ganz die Lust, bis ich schließlich ein letztes mal aberntete und damit meiner Farmerkarriere ein Ende setzte.
Das Fazit: Ohne Onlinespiel ist man endlich frei
Der Vorteil, wenn man eben an kein Onlinespiel mehr gebunden ist besteht darin, dass man sich einfach wieder freier fühlt. Man "muss" nicht mehr seinen spielerischen Verpflichtungen nachkommen, vor allem war es mir letztendlich egal, wer von meinen Kollgen gerade wieviele Punkte hatte. Das verschaffte mir wieder mehr Entspanntheit sowie mehr Freizeit (die ich jetzt wieder sinnvoller verbringen kann)!
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Autorin / Autor: Christine Lange - Stand: 27. Juli 2010