Das Damengambit - Serie auf Netflix
Unsere Schachexpertin Tati hat die überaus erfolgreiche Serie für euch angeschaut.
Das Damengambit: ANYA TAYLOR-JOY als BETH HARMON in Episode 107 of THE QUEEN’S GAMBIT Bild: PHIL BRAY/NETFLIX © 2020
"Das Damengambit" ist eine kurze Dramaserie von Scott Frank und Allan Scott, die seit Oktober 2020 auf Netflix läuft und von einem jungen Mädchen namens Elisabeth handelt, das in einem Waisenhaus in den USA der 1960er-Jahre aufwächst und ein erstaunliches Talent für Schach entwickelt. Die Serie basiert auf dem Roman "The Queen’s Gambit" von Walter Trevis aus dem Jahr 1983. In den Hauptrollen sind Anya Taylor-Joy als Elisabeth (Beth) Harmon, Bill Camp als Benny Watts und Marielle Heller als Alma Wheatley zu sehen.
Beth Harmon wird im Alter von acht Jahren bei einem Autounfall mit ihrer Mutter zur Waise, lange nachdem ihr Vater sie beide verlassen hat. Sie kommt in ein Waisenhaus in Kentucky, wo sie den Hausmeister überredet, ihr dieses spannende Spiel beizubringen. Sie feiert schnell ihre ersten Erfolge, bremst sich jedoch mit ihrer Sucht nach den Valium-Pillen aus, die rücksichtslos in dem Waisenhaus an die Kinder verteilt wurden, um sie ruhig zu stellen. Mit 15 Jahren wird sie von einem kinderlosen Ehepaar adoptiert und erst dann bekommt sie mit einem klugen Trick die Möglichkeit, an einem örtlichen Schachwettbewerb teilzunehmen, den sie (mithilfe von Medikamenten) gewinnt. Sie bleibt den Rest ihrer Jugend dem Schach (der damals eine Männerdomäne war) treu, spielt sich in die wichtigsten und bedeutendsten Turniere hoch und besiegt gnadenlos alle ihre Gegner bis auf einen: den russischen Schachspieler und amtierenden Weltmeister Vasily Borgov (von Marcin Dorociński gespielt). Mit 22 Jahren muss Beth all ihren Mut und Ehrgeiz zusammennehmen, um sich endlich und für alle Male ihren Traum, Weltmeisterin zu werden, zu sichern. Als sie jedoch kurz vor dem Scheitern steht, eilen ihre Waisenhaus-Freundin Jolene (Moses Ingram) und viele andere ihrer Schachfreunde, die sie während ihrer bisherigen Karriere gemacht hat, zur Hilfe. Sie schafft es schließlich, ihre Sucht zu überwinden, besiegt Borgov bei den Weltmeisterschaften in Moskau und wird somit zur jüngsten Schachweltmeisterin der Geschichte.
In der Serie wird das Flair der Zeit, in der sie spielt, sehr gut widergespiegelt. Die Gebäude, das Aussehen und die Verhaltensweisen der Menschen, die Einstellung gegenüber den Aufgaben von Frauen und Männern und vor allem die Mode, von der Beth so fasziniert ist, entführen einen gelungen in die 60er Jahre von Kentucky. Besonders schön fand ich die eleganten Hotels und Lokale, wo die Turniere in der Serie stattfinden und wie aufwendig sie (damals in der Realität tatsächlich so) gestaltet und dekoriert sind.
Ich finde die Geschichte sehr ermutigend, denn obwohl Beth viele Ängste und Dämonen hat, die sie am Anfang sogar in die Sucht treiben, schafft sie es trotzdem, mit der Hilfe ihrer Freunde und vor allem von ihrer „fast Familie“ Jolene gesund zu werden. Sie erkennt ebenfalls, dass ihr wahres Potenzial im Schach nicht abhängig von Alkohol oder Pillen ist, und dass sie das Spiel mit einem nüchternen Geisteszustand sogar noch mehr genießen kann.
Was mir an der Serie persönlich am meisten gefallen hat, ist, dass Beths Geschlecht nicht ständig im Vordergrund steht. Beth wird von ihren Gegnern und allen anderen Schachspielern wegen ihrer exzellenten Leistung im Schach respektiert und niemals diskriminiert, beleidigt oder runtergemacht, weil sie ein Mädchen und später eine Frau ist; ganz anders als die Realität leider für heutige Schachspielerinnen aussieht.
Mich haben die Schauspielerinnen und Schauspieler in ihren jeweiligen Rollen sehr überzeugt. Einen besonders liebenswürdigen Charakter fand ich Beths Adoptivmutter Alma, die trotz eigener Unzufriedenheit im Leben, Beth bei allem – wie es biologische Eltern auch machen würden – unterstützt und immer die richtigen Trostwörter zur Hand hat.
Mich hat die Serie auch auf das Buch aufmerksam gemacht, dass ich vorher noch nicht kannte. Ich finde "Das Damengambit" nicht nur für Schachkennerinnen und –kenner empfehlenswerte Unterhaltung, da die Serie spannend, emotional, sehr lehrreich ist und vor allem tiefgründige Charaktere hat.
Der Titel der Serie und des Buches leitet sich übrigens von der Schacheröffnung des Damengambits ab, wo der Spieler mit der Farbe weiß den Bauern der Dame opfert, um seine restlichen Figuren schneller ins Spiel bringen zu können.
Autorin / Autor: Tatiana Flores - Stand: 6. Januar 2020