Geige statt Glotze
Studie: Jugendliche verbringen Freizeit immer bildungsorientierter
Mit Freunden abhängen, auf der Straße rumlungern, im Park abgammeln? Fehlanzeige! Deutsche Jugendliche verbringen ihre Zeit immer stärker bildungsorientiert. Geige statt Glotze, Ehrenamt statt Chillen heißt es für immer mehr 16- und 17-Jährige.
Die Teilnahme an so genannten bildungsorientierten Freizeitaktivitäten (Musik, Sport, ehrenamtliches Engagement) hat einer aktuellen Studie zufolge in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen. Dieser Trend zeigt sich sowohl bei Jugendlichen aus sozial besser gestellten als auch bei Jugendlichen aus sozial schlechter gestellten Familien. So lautet das Ergebnis der im Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) veröffentlichten Studie auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).
Während im Jahr 2001 erst 48 Prozent aller 16- bis 17-Jährigen an bildungsorientierten Aktivitäten teilnahmen, waren es im Jahr 2012 bereits 62 Prozent.
„Dennoch sind die Unterschiede im Freizeitverhalten von Jugendlichen unterschiedlicher sozialer Herkunft noch genauso stark ausgeprägt wie vor zehn Jahren“, sagt der Ökonom Adrian Hille, einer der Autoren. „Jugendliche aus sozial schwächeren Haushalten nutzen bildungsorientierte Angebote viel seltener als junge Menschen aus gut situierten Familien“. Für ihre Studie hatten die Forscher die Angaben von insgesamt 3551 Jugendlichen ausgewertet.
Die Daten zeigen: Während zwischen 2001 und 2004 nur etwa zehn Prozent der 16- bis 17-Jährigen musizierten, waren es zwischen 2009 und 2012 bereits knapp 18 Prozent. Noch stärker hat im gleichen Zeitraum das ehrenamtliche Engagement der 16- bis 17-Jährigen zugenommen (von 11 auf 22 Prozent).
*Abwärtstrend bei "informellen" Freizeitbeschäftigungen*
Darüber hinaus ist auch der Anteil der Jugendlichen, die Sport treiben, tanzen oder Theater spielen, gestiegen. Gleichzeitig verzeichnen die ForscherInnen aber einen Abwärtstrend der sogenannten informellen Freizeitbeschäftigungen. So ist der Anteil derer, die täglich mit der besten Freundin oder dem besten Freund unterwegs sind, im Untersuchungszeitraum von 40 auf 25 Prozent zurückgegangen.
Nach wie vor sind es vor allen Dingen Jugendliche aus höheren sozialen Schichten, die ihre Freizeit mit Musikunterricht und sportlicher Ertüchtigung ausfüllen. Entscheidend soll der Studie zufolge dabei die Bildung der Eltern sein. Kann etwa die Mutter weder Abitur noch einen Universitätsabschluss vorweisen, haben ihre Kinder eine um 20 Prozentpunkte geringere Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an einer bildungsorientierten Freizeitaktivität als andere.
„Solche Jugendliche sind gleich mehrfach benachteiligt“, betont der SOEP-Forscher Adrian Hille. „Denn ihre weniger günstigen Bildungsmöglichkeiten zu Hause, in der Schule und in der Freizeit verstärken sich gegenseitig.“
Allerdings ist noch gar nicht wirklich erforscht, ob bildungsorientierte Freizeitaktivitäten wirklich sooo entscheidend sind für die Entwicklung von Fähigkeiten und die Berufs- und Studienwahl. Allerdings legen die Daten nahe, dass Jugendliche zufriedener mit ihrem Leben sind, wenn sie solche Aktivitäen ausüben würden. So zumindest interpretieren es die ForscherInnen.
Die Frage bbleibt allerdings, ob der Rückgang der "informellen Freizeitbeschäftigung" nicht auch negative Konsequenzen haben kann. Für die Entwicklung einer Persönlichkeit ist es schließlich genauso wichtig, enge Beziehungen und Freundschaften zu pflegen, Gespräche zu führen, zu lachen, sich auszutauschen und auch einfach mal nichts zu machen?
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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung des DIW Berlin - Stand: 4. Oktober 2013