Größenwahn ist menschlich

Studie: Wie im Gehirn die Überlegenheitsillusion entsteht

Ihr würdet das bestimmt niemals laut sagen, aber fühlt ihr euch nicht auch ganz tief in euch drin irgendwie ein bisschen toller als andere? Intelligenter? Schöner? Witziger? Ihr müsst euch für diese Gefühle nicht schämen, denn sie sind tief in der menschlichen Natur verwurzelt. Zumindest wenn man dem japanischen Forscherteam um Makiko Yamadaa Glauben schenken darf. Die WissenschaftlerInnen wollen entdeckt haben, dass die Überlegenheitsillusion des Menschen sogar im Gehirn sichtbar gemacht werden kann: durch fehlende Verknüpfungen ganz bestimmter Gehirnareale.

Aber erstmal langsam. Ok, der Mensch muss grundsätzlich von sich und seinen Möglichkeiten überzeugt sein, um in der Welt zu bestehen, um Herausforderungen zu meistern und Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Ein bisschen Selbstüberschätzung und Einbildung kann da nicht schaden - im Gegenteil, wir brauchen sie sogar dringend, sonst würden wir vermutlich sofort den Kopf in den Sand stecken. Natürlich ist die gefühlte Überlegenheit meist eine Illusion, allein statistisch gesehen kann ja nicht jeder attraktiver und intelligenter sein als der Durchschnitt. Manche ForscherInnen glauben nun, dass die Überlegenheitsillusion so nützlich für uns ist, dass sie sich evolutionär durchgesetzt hat. Das Gehirn hätte sich demnach dergestalt entwickelt, dasss Selbstüberschätzung geradezu von ihm unterstützt wird.

Die Forscher wollten dieses evolutionäre Erbe nun im Gehirn sichtbar machen und untersuchten, an welchen Stellen die Illusion vom Super-Ich entsteht. Sie ließen zu diesem Zwecke männliche Testpersonen Selbsteinschätzungen vornehmen. Dabei wurde mit Hilfe von Hirnscans ermittelt, welche Areale im Gehirn aktiviert werden.

Die Auswertung zeigte, dass bei Testpersonen mit einer besonders hohen Selbsteinschätzung zwei bestimmte Hirnareale nur minimal miteinander verbunden waren. Einer davon: der sogenannte Anteriore Cinguläre Cortex (ACC). Dieser hat nämlich eine kontrollierende und hemmende Funktion auf andere Hirnbereiche, auch auf eben den, der für positive Selbstbewertungen zuständig ist: Das sensomotorische Striatum.

Vereinfacht gesagt: Wenn wir uns also richtig toll finden wollen oder sollen, dann ist es günstig, wenn der ACC mal kurz abgekabelt wird, damit unser sensormotorisches Striatum das Ruder voll übernehmen kann. Dabei ist es vor allem der Botenstoff Dopamin, der dafür sorgt, dass die Verbindung zwischen den beiden Bereichen geschwächt wird.

Die ForscherInnen haben mit ihrer Studie gezeigt, wo und wie im Gehirn unsere Überlegenheits-Illusion überhaupt möglich wird. Sie haben außerdem entdeckt, dass bei schwer depressiven Menschen genau das nicht passiert: weil bei ihnen häufig der Dopaminspiegel gestört ist, wird die Verbindung der ACC nicht ausreichend gehemmt, wenn es um die Selbstbewertung geht. Bei den Betroffenen erstickt der ACC auf diese Weise jeden Anflug von Größenwahn, was symphatisch klingt, der Seele aber offenbar gar nicht gut tut.

Wenn ihr demnächst also mal wieder dieses untrügliche Gefühl habt, irgendwie ein besserer Mensch zu sein, dann fühlt euch deswegen nicht schäbig. Denn es ist ein ganz und gar gesundes, ganz und gar menschliches Gefühl. So lange ihr nicht damit hausieren geht, wird sich bestimmt niemand daran stören ;-).

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 27. Februar 2013