Einmal geduldig, immer geduldig
Marshmallow-Test: Willensstärke zeigt sich schon im Kindesalter
Bist du die Ruhe selbst und kannst geduldig warten, oder muss bei dir immer alles gleich und sofort geschehen? Schon als du ein Dreikäsehoch warst, hätte man voraussehen können, wie gut du dich später selbst beherrschen kannst. Das behaupten zumindest US-Psychologen, die ein Geduld-Experiment aus den 60er Jahren weitergeführt haben. Die damals noch vierjährigen TeilnehmerInnen stellten sie jetzt, als Ende-Vierzig-Jährige, erneut auf die Geduldsprobe. Die Erkenntnis: Wer als Kind Willenskraft beweist, behält diese auch als Erwachsener.
*Marshmallows als Test der Selbstbeherrschung*
Vor mehr als 40 Jahren führte Walter Mischel mit seinen Kollegen den in der Psychologie bekannten Marshmallow-Test durch. Um zu prüfen, ob Kinder zum so genannten Belohnungsaufschub in der Lage sind, setzten sie insgesamt 500 Vierjährigen einen Teller mit einem Marshmallow vor. Die Forscher stellten die Kleinen vor die Wahl, den Marshmallow direkt zu essen oder 15-20 Minuten bis zur Rückkehr des Versuchsleiters zu warten und dafür einen zweiten Marshmallow zu bekommen. Über eine Videokamera beobachteten die Psychologen, wie sich die Kinder während der Wartezeit verhielten: einige griffen direkt zu, andere lenkten sich erfolgreich ab, wiederum andere führten den Marshmallow zwar an den Mund, bissen aber nicht hinein. Die Beobachtungen dienten in den folgenden Jahren als Grundlage für die Erforschung der Selbstregulation.
So orderte Mischel beispielsweise einige der Kinder 14 Jahre später noch einmal zu einem Test. Das Ergebnis: diejenigen, die damals gierig den ersten Marshmallow verspeisten, zeigten auch als junge Erwachsene weniger Selbstbeherrschung als die Abwartenden. Letztere konnten sich besser konzentrieren und waren stressresistenter.
So ähnlich hat's ausgesehen:
*Was aus den Marshmallow-Kindern geworden ist*
Mehr als 40 Jahre nach dem ersten Marshmallow-Experiment stellten sich jetzt 59 der damaligen Vorschulkinder zu einem weiteren Folgeexperiment zur Verfügung. B.J. Casey von der Cornell Universität und ihr Team testeten erneut die Willenskraft der mittlerweile erwachsenen TeilnehmerInnen. Nur die Zeiten der Marshmallows sollten vorbei sein. Stattdessen setzten die ForscherInnen die Testpersonen vor einen Computerbildschirm. Darauf eingeblendet wurden verschiedene Gesichter: glücklich, traurig oder neutral dreinblickende. Immer, wenn sie ein fröhliches Gesicht sahen, sollten die Testpersonen einen Knopf drücken. Damit testeten die Psychologen ihre Disziplin. Menschen fühlen sich nämlich eher zu freundlichen Gesichtern hingezogen und sehen andere gerne fröhlich. Deshalb drücken laut Psychologen viele bei diesem Experiment auch dann den Knopf, wenn sie dies eigentlich nicht tun sollten.
Und bei den Marshmallow-Kindern? Hier taten sich diejenigen, die damals dem ersten Marshmallow schon nicht widerstehen konnten, besonders schwer. Viele von ihnen drückten auch dann den Knopf, wenn die Person auf dem Bildschirm nicht einmal lächelte. Die damals willensstarken Kinder hingegen konnten sich auch als Erwachsene kontrollieren und an den passenden Stellen die Finger von dem Knopf lassen. Anschließende Hirnscans zeigten zudem bei Sofortessern und Selbstbeherrschern Unterschiede in den Hirnregionen, die für die Belohnung und das Wartenkönnen verantwortlich sind.
Das Fazit der Psychologen: Willensstärke und Selbstkontrolle zeigen sich schon im Kindesalter und bleiben relativ konstant. Wer einmal willensstark ist, bleibt auch im späteren Leben diszipliniert.
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Autorin / Autor: Redaktion; - Stand: 5. September 2011