Sommer pusht die Sommerhits?
Here Comes the Sun: Studie zeigt, wie Wetterbedingungen den kommerziellen Erfolg von Musik beeinflussen können
Eine neue Studie zeigt, wie Wetterbedingungen den kommerziellen Erfolg von Musik beeinflussen können. Bild: MPI für empirische Ästhetik
Warum wird ein Song ein Hit und ein anderer nicht? Viele Forscher:innen haben sich darüber schon den Kopf zerbrochen und alle möglichen Faktoren analysiert - von der Einprägsamkeit der Melodie bis zum Rhythmus, vom Text bis zur Harmonie.Teenagergehirne, Ohrwurmrezepte und Algorithmen wurden als Hit-Propheten bemüht. Ein verlässliches Erfolgsrezept ist dabei allerdings noch nicht herausgekommen.
Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main (MPIEA) hat nun einen weiteren Faktor herausgearbeitet, der zum Erfolg von Musik beitragen könnte: das Wetter. Denn offenbar hat es keinen geringen Einfluss darauf, ob ein Lied floppt oder die Charts stürmt.
Energiegeladene Musik im Sommer
Die Forscher:innen analysierten mehr als 23.000 Songs, die von 1953 bis 2019 in den wöchentlichen UK-Top-Charts standen. Sie fanden heraus, dass energiegeladene, tanzbare Songs, die positive Gefühle wie Freude und Glück hervorriefen, positiv mit warmem, sonnigem und negativ mit regnerischem, kaltem Wetter zusammenhängen. Ähnlich verhielt es sich in Bezug auf die erwarteten saisonalen Muster: Im Sommer nahm die Beliebtheit energiegeladener und positiver Musik zu und im Winter ab.
Bei weniger populären Songs kein Zusammenhang
Dieser Zusammenhang besteht allerdings nur bei Songs, die ohnehin schon populär sind. Das Wetter hat nämlich vor allem Einfluss darauf, ob ein Song in den Top 10 landet. Bei Liedern, die nicht besonders populär sind, hilft auch Sonnenschein und Wärme offenbar nicht weiter. Dies deutet darauf hin, dass Wetterbedingungen einem Song unter Umständen an die Spitze der Charts verhelfen können - wenn er sowieso schon das Zeug zum (Sommer-)Hit hat.
Erstautor Manuel Anglada-Tort (University of Oxford und MPIEA) erklärt: „Diese Ergebnisse stellen die traditionelle Vorstellung in Frage, dass Erfolg auf dem Musikmarkt ausschließlich von der Qualität der Musik abhängt. Unsere Studie deutet vielmehr darauf hin, dass günstige Umweltbedingungen wie warmes und sonniges Wetter bei den Hörer:innen einen positiven emotionalen Zustand hervorrufen. Dieser Zustand veranlasst sie wiederum dazu, energiegeladene und positive Musik zu wählen, die möglicherweise zu ihrer momentanen Stimmung passt."
Insgesamt unterstreicht die Studie die hohe Relevanz von Umweltfaktoren bei der Analyse des Erfolgs von Songs auf dem Musikmarkt. Ferner gibt sie Aufschluss darüber, wie die Musikauswahl von externen Faktoren beeinflusst werden kann, die über die Musik selbst hinausgehen.
Kein kausaler Effekt nachweisbar
Die Autor:innen der Studie weisen jedoch darauf hin, dass die Aussagekraft der Ergebnisse begrenzt ist. Auch wenn es einen sichtbaren Zusammenhang zwischen Wetterbedingungen und Musikpräferenzen gibt, heißt das nicht, dass das eine das andere auch verursacht: „Korrelation ist nicht gleichbedeutend mit Kausalität. Obwohl wir mehrere Kontrollanalysen durchgeführt haben, um zeitliche und saisonale Dynamiken zu berücksichtigen, konnten wir keinen kausalen Effekt zwischen Wetterbedingungen und Musikpräferenzen feststellen“, bemerkt Anglada-Tort.
Bei der Analyse dieses enormen Datensatzes setzten die Forscher:innen maschinelle Lernverfahren ein, mit denen sie musikalische Merkmale aus den Audiodaten aller Lieder extrahierten. Dabei stellten sie fest, dass die Merkmale entlang zweier musikalischer Dimensionen variierten. Die erste Dimension entsprach Audiomerkmalen, die eine hohe Intensität und positive Emotionen wie Glück und Freude widerspiegelten (Beispiel: Temperature von Sean Paul, 2005). Die zweite Dimension entsprach Merkmalen geringer Intensität und negativer Emotionen wie Traurigkeit (Beispiel: Never Gonna Fall in Love Again von Dana, 1976).
Bei traurigen Songs spielt das Wetter keine Rolle
Interessanterweise waren nicht alle Kombinationen an musikalischen Merkmalen mit den Wetterbedingungen verknüpft. Das Team fand heraus, dass nur Merkmale hoher Intensität und positiver Emotionen mit dem Wetter zusammenhingen. Merkmale, die eine niedrige Intensität und negative Emotionen widerspiegelten, hingen hingegen überhaupt nicht mit dem Wetter zusammen. Dies deutet darauf hin, dass negative emotionale Zustände eher durch individuelle situative Faktoren beeinflusst werden als durch allgemeine Umweltbedingungen.
Übersetzt heißt das: Wenn ein Song starke positive Gefühle vermittelt und dazu die Sonne vom Himmel strahlt, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Song auch in den Charts glänzt.
Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im Fachmagazin Royal Society Open Science erschienen.
Quelle:
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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung via idw-online - Stand: 5. Juni 2023