Das Dasein in Sozialen Netzwerken ist anstrengend - nicht nur, weil man ständig checken muss, wer was von einem will, sondern auch, weil das eigene Profil bei Facebook, Instagram, YouTube oder WhatsApp wie eine lebendige Visitenkarte ist, die ständig gehegt und gepflegt werden will. Wichtigstes Element des eigenen Profils ist die Selbstdarstellung per sorgfältig ausgewähltem Foto. Schließlich ist es in den meisten Sozialen Netzwerken öffentlich einsehbar, sozusagen das „Tor zur Welt“.
*Schön, lässig, cool*
Entsprechend aufwändig werden die Profilbilder inszeniert und ausgewählt. Jede/r zeigt sich so, wie sie oder er gerne von anderen gesehen werden möchte. Dabei verrät Frisur, Kleidung und Pose Lebensstil und Gruppenzugehörigkeit der ProfilinhaberInnen, die nicht selten von der eigenen Gleichaltrigen-Gruppe diktiert werden. Wie eine österreichische Studie jetzt festgestellt hat, zeigen Profilbilder von Jugendlichen aber auch ganz schön rückständige, traditionelle Geschlechterklischees: Jungs zeigen "Stärke" und posten Trainingsfotos, während Mädchen besonders auf ihre "Schönheit" aufmerksam machen wollen und sie in anzüglichen Posen demonstrieren. Eine 15-jährige Schülerin kommentierte dazu: „Jugendliche versuchen viele Fotos zu posten, weil das Aussehen wichtig ist. Alle wollen eben schön, lässig und cool wirken.“
*Eine Form von Cyber-Mobbing*
Im Mittelpunkt steht die Suche nach Bestätigung. Positive Reaktionen, wie Kommentare oder „Likes“ auf die eigenen Postings dienen als Gradmesser für die eigene Beliebtheit und tragen zum Selbstbewusstsein bei. Wer viel Bestätigung erhält, fühlt sich besser als andere. Das kann zu einem regelrechten „Konkurrenzkampf“
im Freundeskreis um die meisten „Likes“ im Netz führen. Inhalte, die nicht so gut ankommen wie erhofft, werden da auch schon mal wieder gelöscht und durch andere/bessere ersetzt. „Systematisches Ignorieren und Ausschließen in Sozialen Netzwerken ist auch eine Form von Cyber-Mobbing. Postings, die kaum Bestätigung erhalten, setzen die Jugendlichen stark unter Druck. Sie arbeiten daher hart an der digitalen Selbstinszenierung, damit es erst gar nicht so weit kommt. Manchmal kann das aber auch den gegenteiligen Effekt haben, etwa wenn die Selbstdarstellung von anderen Jugendlichen als zu übertrieben wahrgenommen wird. Die Jugendlichen bewegen sich in einem permanenten Spannungsfeld zwischen Authentizität und Inszenierung“, sagt Sonja Schwarz vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation, die für das FEMtech-Forschungsprojekt imaGE 2.0 qualitative Gruppendiskussionen mit 14- bis 17-jährigen Jugendlichen durchführte.
*Traurige Gefühle sind fehl am Platz*
Anders als in Dikussionsforen, in denen Jugendliche bis vor einigen Jahren noch ihre Gefühle und Probleme austauschten, soll es in sozialen Netzwerken eher "positiv" zugehen, sagten die Befragten. Um dieser „Happy-Gesellschaft“ zu genügen, werden traurige Gefühle oft bewusst unterdrückt. Am ehesten zugestanden werden sie noch den Mädchen, aber auch hier haben die interviewten Jugendlichen nur eine sehr geringe Toleranzgrenze.
„... die befragten Jugendlichen waren sich einig darüber, dass es für Burschen ziemlich uncool ist, online negative Gefühle anzusprechen oder gar Zuspruch dafür zu erwarten“, so Bente Knoll vom Büro für nachhaltige
Kompetenz.
*Privat ist, was die Eltern nicht sehen sollen*
Was das Thema „Schutz der Privatsphäre“ angeht, stellten die ForscherInnen fest, dass Jugendliche ihre ganz eigene Definition des Begriffs haben. Sähen Erwachsene darin oft die Abgrenzung von Beruf und Privatleben, wollen Jugendliche sich eher von den Eltern abgrenzen. Sie möchten Geheimnisse haben dürfen und selbst bestimmen, mit wem sie diese teilen. Doch auch wenn Jugendliche die eigene Privatsphäre als wichtig einschätzten, hieße das keineswegs, dass sie auch entsprechend handeln. „Obwohl die Jugendlichen wissen, dass ihnen so mancher geposteter Inhalt Probleme bringen kann, posten sie ihn trotzdem, weil ihnen in diesem Moment andere Bedürfnisse wichtiger sind. Ein im Sozialen Netzwerk hochgeladenes aufreizendes Foto etwa kann zu einem Streit mit den Eltern führen, auf der anderen Seite aber bringt es im Freundesnetzwerk Aufmerksamkeit und Bestätigung.“ erklärt Sonja Schwarz. Allerdings ist vielen Jugendlichen auch inzwischen klar, dass Bilder von ausufernden Partys nicht gerade zu den vertrauensbildendsten Maßnahmen gegenüber zukünftigen Arbeitgebern gehören.
Was die Studie auszeichnet ist, dass sie nicht nur "über" Jugendliche redet, sondern besonders die Jugendlichen selbst zu Wort kommen lässt. So formulieren sie dann auch selbst, wie eine gute "Aufklärung" über Soziale Netzwerke aussehen sollte: „Mitunter Social Networks in den Unterricht mit einbeziehen. Also dass man auch nicht nur gegen oder darüber aufklärt oder gegen die Social Networks arbeitet. Sondern dass man die sogar im Unterricht verwendet“, sagt ein 14-Jähriger. Und eine andere Stimme nimmt auch die Eltern in die Pflicht: "Wichtig ist, dass sich die Eltern selbst gut im Internet und in Facebook auskennen und sich auch regelmäßig darüber informieren, nur dann können sie auch kompetente Hilfe leisten."
Autorin / Autor: Redaktion /Pressemitteilung - Stand: 20. November 2014