Erst vergeben, dann vergessen

Psychologie: Wie man quälende Erinnerungen loswerden kann

Bild: LizzyNet

Vergeben und vergessen, so lautet die Formel, die anzeigt, dass nach einem Konflikt wirklich alles wieder gut ist. Und tatsächlich scheint auch in der Reihenfolge der beiden Begriffe ein Körnchen Wahrheit zu stecken. Denn, wie eine aktuelle Studie nahelegt, müssen wir Dinge erst vergeben, damit wir sie auch wirklich vergessen können. Das meinen zumindest die Psychologin Saima Noreen und ihre KollgeInnen von der University of St. Andrews in Schottland, die untersucht haben, ob die Fähigekeiten zu verzeihen und zu vergessen miteinander in Beziehung stehen.

Vergeben können gilt als Schlüsselqualifikation im Aufrechterhalten von sozialen Beziehungen. Streit, Verrat, Untreue, Verletzungen gibt es immer, wo Menschen zusammenkommen. Warum aber fällt manchen das Verzeihen so schwer, warum tragen sie auch Jahre später noch nach, was irgendwann mal vorgefallen ist, während andere einfach vergeben und vergessen können? Die Forscherin vermutete hier einen Zusammenhang: Wer nicht verzeiht, der kriegt es auch nur schwer aus dem Kopf.

Mit 40 freiwilligen TeilnehmerInnen führten sie und ihre KollegInnen darum eine Studie durch, um diese These zu überprüfen. Dafür bekamen die Testpersonen unschöne Situationen vorgestellt. Darin ging es beispielsweise um Untreue, Verleumdung oder Diebstahl. Sie sollten angeben, ob sie den jeweiligen MissetäterInnen vergeben würden, wenn sie das Opfer wären.

Ein bis zwei Wochen später bekamen sie die Szenarios erneut zu lesen und mussten nun zu jedem ein neutrales Stichwort lernen. Nachdem sie die Paarungen von Stichwort und Szenario auswendig gelernt hatten, wurden ihnen ein paar dieser Stichworte präsentiert - mal in grün mit der Aufforderung, sich an die Szene zu erinnern, mal in rot mit der Aufforderung, nicht an die Situation zu denken.

Dieses etwas merkwürdig klingende Verfahren wird in der Gedächtnisforschung häufig eingesetzt, um Menschen zu trainieren, bestimmte Informationen oder Details zu vergessen. Hier wollten die ForscherInnen nun gucken, ob die Testpersonen vielleicht eher bereit sind, die Szenarios auf Aufforderung zu vergessen, wenn sie zuvor geurteilt hatten, dass sie das beschriebene Vergehen verzeihen könnten.

Tatsächlich gelang es den ProbandInnen nicht besonders gut, Szenarios aus ihrem Gedächtnis zu löschen, wenn sie das Verhalten des fiktiven Täters als unverzeihlich eingestuft hatten. Fanden sie die vorgestellte Situation aber entschuldbar, dann gelang es ihnen auch besser, diese Geschichte willentlich aus ihrem Gedächtnis zu streichen.

Wenn ihr also immer wieder von quälenden Erinnerungen an eine vergangene Enttäuschung heimgesucht werdet, dann versucht, dem/der MissetäterIn von damals zu verzeihen. Dann verschwindet möglicherweise auch die Erinnerung daran schneller. Klingt wahrscheinlich leichter gesagt als getan, ist aber einen Versuch wert!

Die ForscherInnen betonen, dass sie mit ihrer Forschung zum Zusammenhang von vergeben und vergessen erst ganz am Anfang stehen. Sie hoffen aber, dass mit der Zeit genauere Erkenntnisse zu Methoden führen werden, die Menschen helfen, Vergangenes wirklich zu vergeben und zu vergessen.

Die Ergebnisse werden im Fachjournal Psychological Science veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 16. Mai 2014