Ganz schön ungerecht!
Studie: Wer sich attraktiv findet, findet Ungleichheit nicht so schlimm
Der morgendliche Blick in den Spiegel kann einiges bewirken. Hängen die Haare so schlaff wie die Haut bleich ist, dann kann uns das schon den Tag vermiesen. Lacht uns hingegen ein attraktives Gesicht aus dem Spiegel entgegen, kann er ruhig kommen. Allerdings macht unser schöner Anblick möglicherweise noch viel mehr mit uns als gedacht und zwar nicht nur Gutes. Es scheint, als würde dieses "Sich-selbst-schön-finden" dazu führen, dass wir uns als etwas Besseres fühlen und damit auch gleichzeitig akzeptieren, dass es eben auch Leute gibt, die unterhalb unserer Position stehen. Das meinen zumindest amerikanische ForscherInnen der Stanford University, die in ihrer fünfteiligen Studie untersucht haben, wie sich die Selbstbetrachtung auf das Gerechtigkeitsempfinden und die Akzeptanz von Hierarchien auswirkt.
Für die Untersuchungen sollten sich Testpersonen beispielsweise an Tage erinnern, an denen sie sich besonders attraktiv oder unattraktiv gefühlt hatten und anschließend Statements beurteilen, in denen Ungerechtigkeiten heruntergespielt werden ("Niedrigere Löhne für Frauen und ethnische Minderheiten spiegeln schlichtweg schlechtere Fähigkeiten und einen niedrigeren Bildungslevel".)
Dabei zeigte sich tatsächlich, dass die gefühlte Attraktivität erheblichen Einfluss darauf hatte, ob solche Ungerechtigkeiten als Problem angesehen wurden oder nicht.
Die ForscherInnen interpretieren, dass sich die Testpersonen in gewisser Weise ranghöher empfinden als andere, wenn sie sich attraktiv fühlten. Und aus dieser gefühlt gehobenen Position heraus konnten die Testpersonen ganz gut damit leben, dass die Gesellschaft hierachisch organisiert und dementsprechend auch manchmal ungerecht ist. Fühlten sich die Testpersonen aber unattraktiv, war ihr Blick für Ungerechtigkeiten plötzlich geschärft, und sie betrachteten allgemein hierachische Strukturen kritischer.
Die Ergebnisse der Studie werden in der Fachzeitschrift Organizational Behavior and Human Decision Processes veröffentlicht. Neale und ihre KollegInnen glauben, dass die Studie hilft, besser zu verstehen, warum der Mensch im Hinblick auf Ungerechtigkeiten so wankelmütig ist und versprechen sich davon auch wichtige Impulse für die Arbeitswelt.
Welche sinnvollen Erkentnisse aus dieser Studie tatsächlich gezogen werden können, bleibt aber schleierhaft. Ist es besser, wenn Chefs sich unattraktiv fühlen, weil sie dann die Ungleichbehandlung ihrer Untergebenenen besser erkennen? Sollten gutaussehende PolitikerInnen den Blick in den Spiegel vermeiden, damit sie nicht hochnäsig werden? Dürfen wir uns freuen, wenn wir uns nicht gefallen, weil wir dann so ein großes Gerechtigkeitsempfinden haben? Fragen über Fragen, bis zu deren Erfoschung wir am besten einfach gar nicht mehr in den Spiegel blicken ;-).
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 10. Juni 2014